Inquisitadore
Apes´Community
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Chemische Waffen sind (meist künstlich hergestellte) Giftstoffe, die gezielt als Kriegswaffen entwickelt und hergestellt werden. Sie gehören zu den ABC-Waffen.
Die ersten modernen chemischen Waffen sind im Ersten Weltkrieg eingesetzt worden und basierten zunächst auf Substanzen, die bereits in der chemischen Industrie verwendet wurden, also in ausreichend großen Mengen vorhanden waren; das waren Gase wie Chlor, Phosgen, Blausäure oder Arsin. Diese hatten jedoch zwei große Nachteile: Erstens waren sie durch wechselnde Windrichtungen unberechenbar (so konnte eine Gaswolke auf die eigene Stellung zurückgeweht werden), und andererseits verflüchtigte sich das Gas relativ schnell. Daher sind die meisten späteren chemischen Kampfstoffe Flüssigkeiten, die als Aerosole versprüht werden. Das hat zur Folge, dass die Substanzen an Boden, Kleidung, Haut und Gasmasken kleben bleiben, und in die Filter eindringen können. So ist die Verweildauer viel länger als bei Gas, und die in die Filter eingedrungenen Tröpfchen verdunsten mit der Zeit, so das die Träger der kontaminierten Gasmasken eine kontinuierliche Menge an Kampfstoffen einatmen. Das Hauptziel der neueren Kampfstoffe ist aber nicht allein die Lunge, sondern die Haut. Gelangt ein solcher Kampfstoff auf die Haut, diffundiert er durch sie hindurch in die Blutbahn und wird so schnell im ganzen Organismus verteilt. Daher stellen nur Ganzkörperschutzanzüge einen ausreichenden Schutz gegen Kampstoffe dar. Der wohl bekannteste und zugleich erste wichtige Kampfstoff dieser Gruppe ist das Senfgas oder Lost.
Chemische Waffen sind einsatzbereite (z.B. in Granaten abgefüllte) chemische Kampfmittel.
Chemische Kampfmittel
Chemische Kampfmittel werden in folgende Kategorien unterteilt:
Chemische Kampfstoffe: Lungenkampfstoffe, Blutkampfstoffe, Hautkampfstoffe, Nervenkampfstoffe, Psychokampfstoffe.
Reizstoffe: Reizen die Augen oder die Atemwege. Ein Beispiel ist das CS-Gas, das von der Polizei und zur Selbstverteidigung eingesetzt wird. Diese unterscheiden sich von anderen Hautkampfstoffen vor allem durch ihre weniger starke Wirkung. In sehr hohen Dosen oder bei empfindlichen Personen (z.B. Asthmapatienten) können die so genannten „Tränengase“ aber ebenfalls zu Hautreizungen, Atemnot oder Augen- und Lungenschäden führen und in ausreichender Konzentration auch tödlich sein.
Brandstoffe: Leicht entflammbare oder in Sauerstoffumgebung selbst entzündliche Stoffe, die Brände verursachen. Am bekanntesten dürften Phosphor und Napalm sein, welche im 2. Weltkrieg und im Vietnamkrieg von den USA eingesetzt wurden.
Nebelstoffe: Diese sollen die Sicht verschlechtern. In diese Kategorie fallen z. B. Nebelkerzen und Rauchbomben.
Pflanzenschädigende chemische Stoffe: Hier soll die Vegetation vernichtet werden, um Kampfhandlungen auf dem Gebiet zu vereinfachen. Diese so genannten Herbizide, sind aber oft nicht nur pflanzenschädigend, sondern auch giftig für Mensch und Tier. Auch diese Art des Kampfmittels ist durch die USA im Vietnamkrieg allgemein bekannt geworden. Dort wurde Agent Orange zur Entlaubung von Wäldern eingesetzt, Restfolgen, sogenannte "Kollateralschäden", sind an nachgeborenen Vietnamesen heute noch akut und kaum behandelbar.
Chemische Kampfstoffe
Die chemischen Kampfstoffe werden noch einmal in verschiedene Kategorien unterteilt. Die Kategorisierung erfolgt nach dem Wirkungsort des Kampfstoffes:
Lungenkampfstoffe: Greifen direkt die Lunge an. Dadurch wird die Sauerstoffzufuhr des Körpers unterbrochen, was zum Tode führt. Darunter fallen u. a. Chlor, Phosgen, Diphosgen (Perstoff) und Chlorpikrin.
Blutkampfstoff: Auch hier wird die Sauerstoffzufuhr des Körpers blockiert. Allerdings wird bei diesen Kampfstoffen das Blut angegriffen, das den Sauerstoff zu den einzelnen Organen transportiert. Darunter fallen u. a. Cyanwasserstoff, Arsenwasserstoff und Chlorcyan.
Hautkampfstoff: Hier wird die Haut des Körpers angegriffen. Dies kann tödlich sein, wenn die angegriffene Hautfläche groß genug ist. Hautkampfstoffe werden aber eher dazu eingesetzt, den Gegner kampfunfähig zu machen und ihn dabei nicht unbedingt zu töten. Darunter fallen u. a. Stickstofflost, Schwefellost (Senfgas), Lewisit und Phosgenoxim (siehe auch Lost (Kampfstoff)).
Nervenkampfstoffe: Wohl der gefürchtetste chemische Kampfstoff. Hier wird ein Enzym des Nervensystems des Menschen blockiert (Acetylcholin-Esterase), so dass wichtige Teile des Körpers (z.B. Zwerchfell) durch Dauerkontraktion gelähmt werden. Außerdem werden starke Muskelkrämpfe ausgelöst. Darunter fallen u. a. DFP, VX, Sarin (GB), Tabun (GA), Soman (GD) sowie Cyclosarin und CVX.
Psychokampfstoff: Hier wird die Psyche des Menschen angegriffen, um ihn vorübergehend kampfunfähig zu machen. Darunter fallen u. a. Lysergsäurediäthylamid (LSD) und Benzilsäureester (BZ).
Einsatzgeschichte
Der Einsatz von chemischen Waffen ist schon im Altertum bekannt, Verwendung von Brandstoffen wie Pech, Öle, Griechisches Feuer oder das Salzen von Ackerland als Herbizid oder später im kleinen Umfang die Verwendung chemischer Gifte wie Arsen.
Erster Weltkrieg
Französische Opfer eines Gasangriffs, 1915
Durch Giftgas geblendete britische Soldaten warten auf die Behandlung
Livens Gas Projektoren werden geladenIm Ersten Weltkrieg fand der erste Einsatz von chemischen Kampfstoffen im August 1914 durch französische Truppen statt, die Xylylbromid, ein Tränengas, entwickelt von der Pariser Polizei, gegen deutsche Truppen anwandten. Erste Versuche beider Seiten mit Stoffen wie Bromessigsäureethylester (Frankreich März 1915) und o-Dianisidinchlorsulfonat, einem feinkristallinen Pulver, das Schleimhäute der Augen und Nase reizte, (Deutschland 27. Oktober 1914 bei Neuve-Chapelle) verliefen unzufriedenstellend, da die Stoffe sich beim Abschuss durch die entstehende Hitze zersetzten.
Zum ersten mal gelingt der Einsatz von chemischen Waffen am 22. April 1915 in der Zweiten Flandernschlacht bei Ypern, als deutsche Truppen 150 Tonnen Chlorgas aus Flaschen nach dem so genannten Haberschen Blasverfahren entweichen ließen. Da Chlor schwerer ist als Luft, sank es nach unten in die französischen Schützengräben und forderte dort rund 5.000 Tote und 10.000 Verletzte. Bald darauf wurden chemische Kampfstoffe auch von der Gegenseite eingesetzt. So setzte Frankreich als erste der kriegführenden Nationen an der Somme am 22. Februar 1916 Phosgen (COCl2) in Reinform ein, nachdem Deutschland es bereits am 31. Mai 1915 als 5%ige Beimengung zum Chlorgas verwendet hatte. Dieses Gas wird für den größten Anteil an allen Gasverletzten verantwortlich gemacht. Später wurden die Kampfstoffe durch Giftgasgranaten verschossen, bei denen durch farbige Kreuze (Blaukreuz, Gelbkreuz, Grünkreuz) erkennbar war, welche Art von Kampfstoff sie enthielten. An der Westfront wurde verstärkt "Gelbkreuz" eingesetzt, das für Hautkampfstoffe stand. Es wurde von Soldaten erzählt, die sich selbst erschossen, als sie von einer gelbgrünen Wolke umschlossen wurden.
Buntschießen
Bestimmte - nicht tödliche, aber stark reizend wirkende - Kampfstoffe (Blaukreuz) durchdrangen die Filter der Gasmasken. Die Reizstoffe zwangen den Gegner, die Gasmaske abzunehmen. Gleichzeitig oder kurz nach diesen "Maskenbrechern" wurden lungenschädigende - oftmals tödliche - Kampfstoffe (Grünkreuz) eingesetzt. Diese Kombination von "Maskenbrechern" und Lungengiften wurde verharmlosend Buntschießen genannt.
Chemische Waffen verursachten im Ersten Weltkrieg insgesamt etwa 100.000 Tote und 1,2 Millionen Verwundete auf beiden Seiten.
Bewertung von chemischen Kampfstoffen als Kriegswaffe
Chemische Kampfstoffe werden heute allgemein als die schrecklichsten Waffen des 1. Weltkrieges angesehen. Dies beruht allerdings vor allem auf ihrer psychologischen Wirkung. Fuller sagt beispielsweise: "Entgegen der allgemeinen Ansicht erwies sich Gas als die humanste Waffe, die im Krieg angewandt wurde, zugleich aber die wirksamste." (J. F. C. Fuller: Die entartete Kunst Krieg zu führen, Köln 1964, S. 192). Chemische Kampfstoffe verursachten sehr hohe Verlustraten (d. h. kampfunfähige Soldaten), im Vergleich zu anderen Waffen aber sehr geringe Todesraten. Außerdem werden, im Gegensatz zu herkömmlichen Artilleriemunition, weniger dauerhafte Verstümmelungen von Menschen verursacht.
Tatsächlich wird es von Militärs als vorteilhaft angesehen, gegnerische Soldaten nicht zu töten, sondern sie so schwer zu verletzen und zu verstümmeln, dass diese dauerhafter Pflege bedürfen. Damit sollen gegnerische Ressourcen gebunden werden, welche nicht mehr für die Kriegsführung zur Verfügung stehen.
Da chemische Kampfstoffe eine der billigsten Methoden war, den Gegner kampfunfähig zu machen, erfreuten sie sich bei den Militärs hoher Beliebheit. Allerdings wurde schon im Laufe des Ersten Weltkriegs klar, dass sich der Einsatz chemischer Kampfstoffe von einer billigen und vergleichsweise humanen Waffe zu einem Waffensystem entwickelt, welches derartig grausame und unkalkulierbare Wirkungen zeigt, sodass es als "rationale" Waffe nicht einsetzbar ist.
Zwischen den Weltkriegen
Ein weiteres Mal wurde Giftgas im Krieg zwischen Italien und Äthiopien verwendet, der von 1935-1936 geführt wurde. Dabei setzten die italienischen Truppen Senfgas ein.
Ab 1919 wurde das Konzept der kolonialen Kontrolle aus der Luft von Winston Churchill erstmalig umgesetzt. Die Royal Air Force sollte die Kontrolle der Kolonien im Nahen Osten übernehmen. Neben konventionellen Waffen wurden dabei auch Giftgaseinsätze aus der Luft erwogen und von Churchill gefordert. Wegen ungelöster technischer Probleme wurde Giftgas dann aber nur mit den bereits im Ersten Weltkrieg erprobten Methoden gegen die irakische Bevölkerung angewandt.
Vorbehalte britischer Militärs wies Churchill zurück: "Ich verstehe den Widerstand gegen den Einsatz von Gas nicht. Ich bin sehr dafür, Giftgas gegen unzivilisierte Stämme einzusetzen", ließ er verlauten. Das eingesetzte Gas müsse ja nicht tödlich sein, sondern nur "große Schmerzen hervorrufen und einen umfassenden Terror verbreiten".
Genfer Protokoll
Die Verwendung von vergiftenden Waffen war schon vor dem Ersten Weltkrieg durch die Haager Landkriegsordnung geächtet. Angesichts der Gräuel des Ersten Weltkrieges wurde 1925 im Genfer Protokoll betreffend das Verbot der Anwendung von Giftgasen und bakteriologischen Mitteln der Einsatz von Giftgasen ausdrücklich verboten. Die USA treten diesem Vertrag erst 1974 bei.
Zweiter Weltkrieg
Das Verbot der Anwendung von vergiftenden, chemischen und biologischen Waffen wurde im Zweiten Weltkrieg zumindest auf dem europäischen Kriegsschauplatz weitgehend beachtet, obwohl nicht alle beteiligten Länder dem Protokoll beigetreten waren.
Vermutlich aufgrund der Entscheidung eines einzelnen Offiziers verwendeten polnische Truppen Senfgasbomben zur Sprengung einer Brücke und zur Verminung einer Straßensperre in der Nähe von Jaslo. Dabei wurden am 8. September 1939 2 deutsche Soldaten getötet und 12 verwundet.
Am 2. Dezember 1943 bombardierte die deutsche Luftwaffe den italienischen Hafen von Bari. Dabei wurde der unter anderem mit 100 t Stickstoff-Lost beladene US-Frachter John Harvey getroffen und versenkt. Ein Teil der Ladung lief ins Wasser, ein anderer Teil wurde durch die Explosionen und die Brände in der Luft verteilt. Da auf Grund der Geheimhaltung nur wenige Personen in Bari von der Existenz dieser Ladung wussten und diese allesamt umkamen, konnten die Verwundeten zunächst nicht richtig behandelt werden. Genaue Zahlen über die Opfer existieren nicht; es wird geschätzt, dass über 600 Soldaten und Angehörige der Handelsmarine verätzt wurden, wovon etwa 100 starben. Die Zahl der getöteten Zivilisten dürfte um die 1000 betragen. Dieser Vorfall hätte beinahe eine Eskalation des Krieges ausgelöst. Eine im Hafenbecken gefundene Gasbombe wurde aber noch rechtzeitig als amerikanisches Modell identifiziert.
In Asien setzte Japan chemische Waffen (Senfgas und Arsenverbindungen) gegen Truppen der Republik China ein. Zugleich wurden auch biologische Kampfstoffe (Erreger von Cholera, Typhus, Anthrax und weitere) eingesetzt.
In Europa setzten die Westalliierten, insbesondere Großbritannien, im großen Stil zum systematischen Abbrennen von deutschen Städten im Rahmen der Moral Bombing Strategie, Brandbomben ein. Diese wurden zumeist auf dicht mit mittelalterlichen Holzbauten (Fachwerkhäusern) bebaute Innenstädte fächerförmig abgeworfen, mit dem Ziel der Entfachung eines sogenannten Feuersturms. Der Vorteil dieser Waffe liegt darin, dass sich diese nur durch vollständigen Sauerstoffentzug löschen lässt und somit herkömmliche Löschmaßnahmen (Wasser) nahezu wirkungslos sind. Beim direkten Kontakt des Phosphors mit der menschlichen Haut führt dieser zu sehr tiefen, meist bis auf die Knochen reichenden Brandverletzungen. Durch die Kontamination der Wundstelle mit dem Phosphor treten schon nach kurzer Zeit zumeist schwere Vergiftungserscheinungen auf, die häufig zum Tode des Betroffenen führen. Phosphor wurde u.a. bei der Bombardierung von Mainz eingesetzt.
Im „Dritten Reich“ wurden ab Mitte der dreißiger Jahre bei IG Farben im Werk Dyherrnfurth in Schlesien die Nervengifte Sarin, Tabun und Soman entwickelt. Jedoch wurden diese, wohl auch wegen Bedenken eines dadurch zu erwartenden Gegenschlages, nicht eingesetzt. Abseits der Kriegsschauplätze wurde in den Gaskammern der deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Belzec, Sobibor, Mauthausen, Treblinka und Lublin-Majdanek etwa 6 Millionen Menschen mit dem blausäurehaltigen Desinfektionsgas Zyklon B und Dieselmotorabgasen (Kohlenmonoxid) ermordet.
Nach 1945
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden noch chemische Waffen eingesetzt. So gilt als sicher, dass z. B. Ägypten solche im Jemen eingesetzt hat. Die Technologie dazu stammte aus der Sowjetunion, welche diese auch an andere mit ihr im Nahen-Osten verbündeten Staaten, wie Irak weitergegeben hat.
Napalmeinsatz südlich von Saigon, 1965Im Vietnamkrieg wurde zum ersten Mal seit dem Ersten Weltkrieg in großen Umfang chemische Waffen eingesetzt.
Während anfangs von Frankreich und den USA noch konventionelle Brandbomben, Napalm gegen die Nordvietnamesen verwandt wurden, startete die Regierung Kennedy 1961 die systematische chemische Kriegsführung gegen Nordvietnam (Operation Ranch Hand) mit dem hochgiftigen Herbizid Agent Orange, welches nicht nur dem Gegner die Deckung durch die Vegetation nehmen sollte, sondern auch die Nahrungsbasis Reis der Bevölkerung zerstören sollte.
Es wurden auch Haut und Lungen schädigende Stoffe wie CS gegen nordvietnamesische Bunker und Tunnel eingesetzt. Der angebliche Einsatz von Sarin gegen eigene Kräfte (Deserteure) in der "Operation Tailwind" in Laos wurde von dem Sender CNN nach massiven Protesten US-offizieller Organe als Falschmeldung zurück genommen.
Im Krieg zwischen Irak und Iran kam es 1984 zum zweitenmal nach dem Ersten Weltkrieg zum Einsatz von chemischen Waffen im großen Maßstab.
Opfer des Kampfstoffangriffs auf HalabdschaAm 16. März 1988 soll der Irak Nervenkampfstoffe gegen die aufständischen Bewohner der kurdischen Stadt Halabdscha eingesetzt haben. Es wurde von etwa 5.000 Getöteten berichtet. Ein späterer amerikanischer Untersuchungsbericht schloss nicht aus, dass die Stadt versehentlich von iranischen Flugzeugen angegriffen wurde.
1986 kam es beim Einsatz von CS/CN-Gas gegen Demonstranten am Bauzaun der Wiederaufbereitungsanlage von Wackersdorf / Bayern zu mehreren Todesfällen von Unbeteiligten. Der Bau der Anlage wurde schließlich eingestellt. Reizgase für polizeiliche Zwecke finden sich in den meisten Staaten der Erde.
Im Rahmen der Vorbereitung auf den ersten und zweiten Irakkrieg kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den USA und Deutschland über die Herkunft der irakischen Chemiewaffentechnologie.
1995/96 kommt es beim Terror-Anschlag der japanischen Aum-Sekte zur Freisetzung von Nervengas in der U-Bahn von Tokyo. Es gibt 12 Tote und über 5.000 Verletzte. Ein früherer Anschlag der Sekte mit 7 Toten und 144 Verletzten wird im Nachhinein bekannt.
Im Oktober 2002 verwendeten russische Sicherheitskräfte in Moskau das Opioid Carfentanyl und das Anästhetikum Halothan in Form eines Aerosol-Gas-Gemischs, um Terroristen kampfunfähig zu machen, die in einem Musical-Theater 800 Geiseln festhielten. Alle Geiselnehmer und fast 130 Geiseln kamen ums Leben. Der Einsatz von Carfentanyl wurde offiziell nie bestätigt, mglw. im Hinblick auf die von Russland ratifizierte Chemiewaffenkonvention.
Die US-Streitkräfte setzten im Kampf um die Stadt Falludscha im Herbst 2004 (Irak-Krieg) weißen Phosphor gegen Menschen ein.
Internationale Ächtung
Seit 1997 sind chemische Waffen durch die Chemiewaffenkonvention international offiziell geächtet; auch die Entwicklung, Herstellung und Lagerung sind verboten.
Die ersten modernen chemischen Waffen sind im Ersten Weltkrieg eingesetzt worden und basierten zunächst auf Substanzen, die bereits in der chemischen Industrie verwendet wurden, also in ausreichend großen Mengen vorhanden waren; das waren Gase wie Chlor, Phosgen, Blausäure oder Arsin. Diese hatten jedoch zwei große Nachteile: Erstens waren sie durch wechselnde Windrichtungen unberechenbar (so konnte eine Gaswolke auf die eigene Stellung zurückgeweht werden), und andererseits verflüchtigte sich das Gas relativ schnell. Daher sind die meisten späteren chemischen Kampfstoffe Flüssigkeiten, die als Aerosole versprüht werden. Das hat zur Folge, dass die Substanzen an Boden, Kleidung, Haut und Gasmasken kleben bleiben, und in die Filter eindringen können. So ist die Verweildauer viel länger als bei Gas, und die in die Filter eingedrungenen Tröpfchen verdunsten mit der Zeit, so das die Träger der kontaminierten Gasmasken eine kontinuierliche Menge an Kampfstoffen einatmen. Das Hauptziel der neueren Kampfstoffe ist aber nicht allein die Lunge, sondern die Haut. Gelangt ein solcher Kampfstoff auf die Haut, diffundiert er durch sie hindurch in die Blutbahn und wird so schnell im ganzen Organismus verteilt. Daher stellen nur Ganzkörperschutzanzüge einen ausreichenden Schutz gegen Kampstoffe dar. Der wohl bekannteste und zugleich erste wichtige Kampfstoff dieser Gruppe ist das Senfgas oder Lost.
Chemische Waffen sind einsatzbereite (z.B. in Granaten abgefüllte) chemische Kampfmittel.
Chemische Kampfmittel
Chemische Kampfmittel werden in folgende Kategorien unterteilt:
Chemische Kampfstoffe: Lungenkampfstoffe, Blutkampfstoffe, Hautkampfstoffe, Nervenkampfstoffe, Psychokampfstoffe.
Reizstoffe: Reizen die Augen oder die Atemwege. Ein Beispiel ist das CS-Gas, das von der Polizei und zur Selbstverteidigung eingesetzt wird. Diese unterscheiden sich von anderen Hautkampfstoffen vor allem durch ihre weniger starke Wirkung. In sehr hohen Dosen oder bei empfindlichen Personen (z.B. Asthmapatienten) können die so genannten „Tränengase“ aber ebenfalls zu Hautreizungen, Atemnot oder Augen- und Lungenschäden führen und in ausreichender Konzentration auch tödlich sein.
Brandstoffe: Leicht entflammbare oder in Sauerstoffumgebung selbst entzündliche Stoffe, die Brände verursachen. Am bekanntesten dürften Phosphor und Napalm sein, welche im 2. Weltkrieg und im Vietnamkrieg von den USA eingesetzt wurden.
Nebelstoffe: Diese sollen die Sicht verschlechtern. In diese Kategorie fallen z. B. Nebelkerzen und Rauchbomben.
Pflanzenschädigende chemische Stoffe: Hier soll die Vegetation vernichtet werden, um Kampfhandlungen auf dem Gebiet zu vereinfachen. Diese so genannten Herbizide, sind aber oft nicht nur pflanzenschädigend, sondern auch giftig für Mensch und Tier. Auch diese Art des Kampfmittels ist durch die USA im Vietnamkrieg allgemein bekannt geworden. Dort wurde Agent Orange zur Entlaubung von Wäldern eingesetzt, Restfolgen, sogenannte "Kollateralschäden", sind an nachgeborenen Vietnamesen heute noch akut und kaum behandelbar.
Chemische Kampfstoffe
Die chemischen Kampfstoffe werden noch einmal in verschiedene Kategorien unterteilt. Die Kategorisierung erfolgt nach dem Wirkungsort des Kampfstoffes:
Lungenkampfstoffe: Greifen direkt die Lunge an. Dadurch wird die Sauerstoffzufuhr des Körpers unterbrochen, was zum Tode führt. Darunter fallen u. a. Chlor, Phosgen, Diphosgen (Perstoff) und Chlorpikrin.
Blutkampfstoff: Auch hier wird die Sauerstoffzufuhr des Körpers blockiert. Allerdings wird bei diesen Kampfstoffen das Blut angegriffen, das den Sauerstoff zu den einzelnen Organen transportiert. Darunter fallen u. a. Cyanwasserstoff, Arsenwasserstoff und Chlorcyan.
Hautkampfstoff: Hier wird die Haut des Körpers angegriffen. Dies kann tödlich sein, wenn die angegriffene Hautfläche groß genug ist. Hautkampfstoffe werden aber eher dazu eingesetzt, den Gegner kampfunfähig zu machen und ihn dabei nicht unbedingt zu töten. Darunter fallen u. a. Stickstofflost, Schwefellost (Senfgas), Lewisit und Phosgenoxim (siehe auch Lost (Kampfstoff)).
Nervenkampfstoffe: Wohl der gefürchtetste chemische Kampfstoff. Hier wird ein Enzym des Nervensystems des Menschen blockiert (Acetylcholin-Esterase), so dass wichtige Teile des Körpers (z.B. Zwerchfell) durch Dauerkontraktion gelähmt werden. Außerdem werden starke Muskelkrämpfe ausgelöst. Darunter fallen u. a. DFP, VX, Sarin (GB), Tabun (GA), Soman (GD) sowie Cyclosarin und CVX.
Psychokampfstoff: Hier wird die Psyche des Menschen angegriffen, um ihn vorübergehend kampfunfähig zu machen. Darunter fallen u. a. Lysergsäurediäthylamid (LSD) und Benzilsäureester (BZ).
Einsatzgeschichte
Der Einsatz von chemischen Waffen ist schon im Altertum bekannt, Verwendung von Brandstoffen wie Pech, Öle, Griechisches Feuer oder das Salzen von Ackerland als Herbizid oder später im kleinen Umfang die Verwendung chemischer Gifte wie Arsen.
Erster Weltkrieg
Französische Opfer eines Gasangriffs, 1915
Durch Giftgas geblendete britische Soldaten warten auf die Behandlung
Livens Gas Projektoren werden geladenIm Ersten Weltkrieg fand der erste Einsatz von chemischen Kampfstoffen im August 1914 durch französische Truppen statt, die Xylylbromid, ein Tränengas, entwickelt von der Pariser Polizei, gegen deutsche Truppen anwandten. Erste Versuche beider Seiten mit Stoffen wie Bromessigsäureethylester (Frankreich März 1915) und o-Dianisidinchlorsulfonat, einem feinkristallinen Pulver, das Schleimhäute der Augen und Nase reizte, (Deutschland 27. Oktober 1914 bei Neuve-Chapelle) verliefen unzufriedenstellend, da die Stoffe sich beim Abschuss durch die entstehende Hitze zersetzten.
Zum ersten mal gelingt der Einsatz von chemischen Waffen am 22. April 1915 in der Zweiten Flandernschlacht bei Ypern, als deutsche Truppen 150 Tonnen Chlorgas aus Flaschen nach dem so genannten Haberschen Blasverfahren entweichen ließen. Da Chlor schwerer ist als Luft, sank es nach unten in die französischen Schützengräben und forderte dort rund 5.000 Tote und 10.000 Verletzte. Bald darauf wurden chemische Kampfstoffe auch von der Gegenseite eingesetzt. So setzte Frankreich als erste der kriegführenden Nationen an der Somme am 22. Februar 1916 Phosgen (COCl2) in Reinform ein, nachdem Deutschland es bereits am 31. Mai 1915 als 5%ige Beimengung zum Chlorgas verwendet hatte. Dieses Gas wird für den größten Anteil an allen Gasverletzten verantwortlich gemacht. Später wurden die Kampfstoffe durch Giftgasgranaten verschossen, bei denen durch farbige Kreuze (Blaukreuz, Gelbkreuz, Grünkreuz) erkennbar war, welche Art von Kampfstoff sie enthielten. An der Westfront wurde verstärkt "Gelbkreuz" eingesetzt, das für Hautkampfstoffe stand. Es wurde von Soldaten erzählt, die sich selbst erschossen, als sie von einer gelbgrünen Wolke umschlossen wurden.
Buntschießen
Bestimmte - nicht tödliche, aber stark reizend wirkende - Kampfstoffe (Blaukreuz) durchdrangen die Filter der Gasmasken. Die Reizstoffe zwangen den Gegner, die Gasmaske abzunehmen. Gleichzeitig oder kurz nach diesen "Maskenbrechern" wurden lungenschädigende - oftmals tödliche - Kampfstoffe (Grünkreuz) eingesetzt. Diese Kombination von "Maskenbrechern" und Lungengiften wurde verharmlosend Buntschießen genannt.
Chemische Waffen verursachten im Ersten Weltkrieg insgesamt etwa 100.000 Tote und 1,2 Millionen Verwundete auf beiden Seiten.
Bewertung von chemischen Kampfstoffen als Kriegswaffe
Chemische Kampfstoffe werden heute allgemein als die schrecklichsten Waffen des 1. Weltkrieges angesehen. Dies beruht allerdings vor allem auf ihrer psychologischen Wirkung. Fuller sagt beispielsweise: "Entgegen der allgemeinen Ansicht erwies sich Gas als die humanste Waffe, die im Krieg angewandt wurde, zugleich aber die wirksamste." (J. F. C. Fuller: Die entartete Kunst Krieg zu führen, Köln 1964, S. 192). Chemische Kampfstoffe verursachten sehr hohe Verlustraten (d. h. kampfunfähige Soldaten), im Vergleich zu anderen Waffen aber sehr geringe Todesraten. Außerdem werden, im Gegensatz zu herkömmlichen Artilleriemunition, weniger dauerhafte Verstümmelungen von Menschen verursacht.
Tatsächlich wird es von Militärs als vorteilhaft angesehen, gegnerische Soldaten nicht zu töten, sondern sie so schwer zu verletzen und zu verstümmeln, dass diese dauerhafter Pflege bedürfen. Damit sollen gegnerische Ressourcen gebunden werden, welche nicht mehr für die Kriegsführung zur Verfügung stehen.
Da chemische Kampfstoffe eine der billigsten Methoden war, den Gegner kampfunfähig zu machen, erfreuten sie sich bei den Militärs hoher Beliebheit. Allerdings wurde schon im Laufe des Ersten Weltkriegs klar, dass sich der Einsatz chemischer Kampfstoffe von einer billigen und vergleichsweise humanen Waffe zu einem Waffensystem entwickelt, welches derartig grausame und unkalkulierbare Wirkungen zeigt, sodass es als "rationale" Waffe nicht einsetzbar ist.
Zwischen den Weltkriegen
Ein weiteres Mal wurde Giftgas im Krieg zwischen Italien und Äthiopien verwendet, der von 1935-1936 geführt wurde. Dabei setzten die italienischen Truppen Senfgas ein.
Ab 1919 wurde das Konzept der kolonialen Kontrolle aus der Luft von Winston Churchill erstmalig umgesetzt. Die Royal Air Force sollte die Kontrolle der Kolonien im Nahen Osten übernehmen. Neben konventionellen Waffen wurden dabei auch Giftgaseinsätze aus der Luft erwogen und von Churchill gefordert. Wegen ungelöster technischer Probleme wurde Giftgas dann aber nur mit den bereits im Ersten Weltkrieg erprobten Methoden gegen die irakische Bevölkerung angewandt.
Vorbehalte britischer Militärs wies Churchill zurück: "Ich verstehe den Widerstand gegen den Einsatz von Gas nicht. Ich bin sehr dafür, Giftgas gegen unzivilisierte Stämme einzusetzen", ließ er verlauten. Das eingesetzte Gas müsse ja nicht tödlich sein, sondern nur "große Schmerzen hervorrufen und einen umfassenden Terror verbreiten".
Genfer Protokoll
Die Verwendung von vergiftenden Waffen war schon vor dem Ersten Weltkrieg durch die Haager Landkriegsordnung geächtet. Angesichts der Gräuel des Ersten Weltkrieges wurde 1925 im Genfer Protokoll betreffend das Verbot der Anwendung von Giftgasen und bakteriologischen Mitteln der Einsatz von Giftgasen ausdrücklich verboten. Die USA treten diesem Vertrag erst 1974 bei.
Zweiter Weltkrieg
Das Verbot der Anwendung von vergiftenden, chemischen und biologischen Waffen wurde im Zweiten Weltkrieg zumindest auf dem europäischen Kriegsschauplatz weitgehend beachtet, obwohl nicht alle beteiligten Länder dem Protokoll beigetreten waren.
Vermutlich aufgrund der Entscheidung eines einzelnen Offiziers verwendeten polnische Truppen Senfgasbomben zur Sprengung einer Brücke und zur Verminung einer Straßensperre in der Nähe von Jaslo. Dabei wurden am 8. September 1939 2 deutsche Soldaten getötet und 12 verwundet.
Am 2. Dezember 1943 bombardierte die deutsche Luftwaffe den italienischen Hafen von Bari. Dabei wurde der unter anderem mit 100 t Stickstoff-Lost beladene US-Frachter John Harvey getroffen und versenkt. Ein Teil der Ladung lief ins Wasser, ein anderer Teil wurde durch die Explosionen und die Brände in der Luft verteilt. Da auf Grund der Geheimhaltung nur wenige Personen in Bari von der Existenz dieser Ladung wussten und diese allesamt umkamen, konnten die Verwundeten zunächst nicht richtig behandelt werden. Genaue Zahlen über die Opfer existieren nicht; es wird geschätzt, dass über 600 Soldaten und Angehörige der Handelsmarine verätzt wurden, wovon etwa 100 starben. Die Zahl der getöteten Zivilisten dürfte um die 1000 betragen. Dieser Vorfall hätte beinahe eine Eskalation des Krieges ausgelöst. Eine im Hafenbecken gefundene Gasbombe wurde aber noch rechtzeitig als amerikanisches Modell identifiziert.
In Asien setzte Japan chemische Waffen (Senfgas und Arsenverbindungen) gegen Truppen der Republik China ein. Zugleich wurden auch biologische Kampfstoffe (Erreger von Cholera, Typhus, Anthrax und weitere) eingesetzt.
In Europa setzten die Westalliierten, insbesondere Großbritannien, im großen Stil zum systematischen Abbrennen von deutschen Städten im Rahmen der Moral Bombing Strategie, Brandbomben ein. Diese wurden zumeist auf dicht mit mittelalterlichen Holzbauten (Fachwerkhäusern) bebaute Innenstädte fächerförmig abgeworfen, mit dem Ziel der Entfachung eines sogenannten Feuersturms. Der Vorteil dieser Waffe liegt darin, dass sich diese nur durch vollständigen Sauerstoffentzug löschen lässt und somit herkömmliche Löschmaßnahmen (Wasser) nahezu wirkungslos sind. Beim direkten Kontakt des Phosphors mit der menschlichen Haut führt dieser zu sehr tiefen, meist bis auf die Knochen reichenden Brandverletzungen. Durch die Kontamination der Wundstelle mit dem Phosphor treten schon nach kurzer Zeit zumeist schwere Vergiftungserscheinungen auf, die häufig zum Tode des Betroffenen führen. Phosphor wurde u.a. bei der Bombardierung von Mainz eingesetzt.
Im „Dritten Reich“ wurden ab Mitte der dreißiger Jahre bei IG Farben im Werk Dyherrnfurth in Schlesien die Nervengifte Sarin, Tabun und Soman entwickelt. Jedoch wurden diese, wohl auch wegen Bedenken eines dadurch zu erwartenden Gegenschlages, nicht eingesetzt. Abseits der Kriegsschauplätze wurde in den Gaskammern der deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Belzec, Sobibor, Mauthausen, Treblinka und Lublin-Majdanek etwa 6 Millionen Menschen mit dem blausäurehaltigen Desinfektionsgas Zyklon B und Dieselmotorabgasen (Kohlenmonoxid) ermordet.
Nach 1945
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden noch chemische Waffen eingesetzt. So gilt als sicher, dass z. B. Ägypten solche im Jemen eingesetzt hat. Die Technologie dazu stammte aus der Sowjetunion, welche diese auch an andere mit ihr im Nahen-Osten verbündeten Staaten, wie Irak weitergegeben hat.
Napalmeinsatz südlich von Saigon, 1965Im Vietnamkrieg wurde zum ersten Mal seit dem Ersten Weltkrieg in großen Umfang chemische Waffen eingesetzt.
Während anfangs von Frankreich und den USA noch konventionelle Brandbomben, Napalm gegen die Nordvietnamesen verwandt wurden, startete die Regierung Kennedy 1961 die systematische chemische Kriegsführung gegen Nordvietnam (Operation Ranch Hand) mit dem hochgiftigen Herbizid Agent Orange, welches nicht nur dem Gegner die Deckung durch die Vegetation nehmen sollte, sondern auch die Nahrungsbasis Reis der Bevölkerung zerstören sollte.
Es wurden auch Haut und Lungen schädigende Stoffe wie CS gegen nordvietnamesische Bunker und Tunnel eingesetzt. Der angebliche Einsatz von Sarin gegen eigene Kräfte (Deserteure) in der "Operation Tailwind" in Laos wurde von dem Sender CNN nach massiven Protesten US-offizieller Organe als Falschmeldung zurück genommen.
Im Krieg zwischen Irak und Iran kam es 1984 zum zweitenmal nach dem Ersten Weltkrieg zum Einsatz von chemischen Waffen im großen Maßstab.
Opfer des Kampfstoffangriffs auf HalabdschaAm 16. März 1988 soll der Irak Nervenkampfstoffe gegen die aufständischen Bewohner der kurdischen Stadt Halabdscha eingesetzt haben. Es wurde von etwa 5.000 Getöteten berichtet. Ein späterer amerikanischer Untersuchungsbericht schloss nicht aus, dass die Stadt versehentlich von iranischen Flugzeugen angegriffen wurde.
1986 kam es beim Einsatz von CS/CN-Gas gegen Demonstranten am Bauzaun der Wiederaufbereitungsanlage von Wackersdorf / Bayern zu mehreren Todesfällen von Unbeteiligten. Der Bau der Anlage wurde schließlich eingestellt. Reizgase für polizeiliche Zwecke finden sich in den meisten Staaten der Erde.
Im Rahmen der Vorbereitung auf den ersten und zweiten Irakkrieg kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den USA und Deutschland über die Herkunft der irakischen Chemiewaffentechnologie.
1995/96 kommt es beim Terror-Anschlag der japanischen Aum-Sekte zur Freisetzung von Nervengas in der U-Bahn von Tokyo. Es gibt 12 Tote und über 5.000 Verletzte. Ein früherer Anschlag der Sekte mit 7 Toten und 144 Verletzten wird im Nachhinein bekannt.
Im Oktober 2002 verwendeten russische Sicherheitskräfte in Moskau das Opioid Carfentanyl und das Anästhetikum Halothan in Form eines Aerosol-Gas-Gemischs, um Terroristen kampfunfähig zu machen, die in einem Musical-Theater 800 Geiseln festhielten. Alle Geiselnehmer und fast 130 Geiseln kamen ums Leben. Der Einsatz von Carfentanyl wurde offiziell nie bestätigt, mglw. im Hinblick auf die von Russland ratifizierte Chemiewaffenkonvention.
Die US-Streitkräfte setzten im Kampf um die Stadt Falludscha im Herbst 2004 (Irak-Krieg) weißen Phosphor gegen Menschen ein.
Internationale Ächtung
Seit 1997 sind chemische Waffen durch die Chemiewaffenkonvention international offiziell geächtet; auch die Entwicklung, Herstellung und Lagerung sind verboten.