Doresh
Forenpuschel
- Mitglied seit
- 04.02.2005
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Schon wieder ein Review von mir. Das passiert wohl, wenn man das ständig vor sich her schiebt und dann plötzlich in Review-Wut gerät...XD
Wie auch immer, hier ist der Beginn einer neuen Review-Reihe meinerseits:
Trio Infernale
Ich werde, beginnend mit diesem Review, alle 3 Spiele der "Shin Megami Tensei"-Reihe reviewen, die ich bisher gezockt habe: Lucifer's Call (aka Nocturne), Persona 3 (inklusive FES) und schließlich Persona 4. Hoffentlich komm ich dabei niemandem zuvor bzw. er mir. Wenn ja, dann sag ich nur: Es kann nur einen geben... :fies:
Dieses Review wird wahrscheinlich deutlich länger wie die beiden anderen, da ich hier mehr Hintergrundwissen einfließen lasse und über Eigenheiten der Reihe fasel.
Einleitung
Shin Megami Tensei mag in unserern Breitengraden ziemlich unbekannt sein, aber im Heimatland Japan ist es eine bekannte und erfolgreiche Reihe mit unzähligen Spin-offs, die ich dank seiner Größe ruhig neben Final Fantasy und Dragon Quest einreihen kann.
Leider tat sich die SMT-Reihe anfangs schwer, Fuß in der westlichen Spielewelt zu fassen. Das lag zum einen an der "satanistischeren" Natur der Reihe und möglicherweise auch daran, dass der Oberschurke der frühen Hauptreihe ein riesiger Kopf namens "YWH" war. Oh, und in einem Spinoff spielt man einen homosexuellen Protagonisten...:nerv:
Das alles änderte sich schlagartig mit diesem Spiel (übrigens seit langem mal ein Teil der Hauptreihe), dass ich hier reviewe: SMT Nocturne (hier bekannt als SMT Lucifer's Call, aber ich werde es nun Nocturne nennen weil sich das schneller schreibt XD ) war nicht nur der so ziemlich erste Teil, der es hier nach Europa geschafft hat, er war auch Wegbereiter für weitere Teile. Denn nach Nocturne wurde quasi JEDER folgende SMT-Teil in den USA und Europa veröffentlicht.
Was SMT von anderen Spielereihen hervorhebt ist der große Fokus auf Dämonen - ein Sammelbegriff für Götter und Fabelwesen aus so ziemlich jeder Mythologie dieser Erde. Diese Dämonen stellen in den meisten Teilen praktisch sämtliche Gegner und Bosse. Gleichzeitig kann man sie jedoch auch während des Kampfes rekrutrieren, um sie dann der eigenen Truppe hinzuzufügen oder mit anderen Dämonen zu einem neuen, stärkeren Exemplar zu fusionieren. Ist also ein bisschen wie diese kindische, abgespeckte Gameboy-Spiel, dessen Name mir nicht mehr einfällt...:nerv:
Story
Auf Wiedersehen, und danke für die vielen Hausaufgaben.
Japan, in naher Zukunft...
Unser stiller Protagonist - ein Schüler- hat sich mit 2 Klassenkameraden aufgemacht, seine kranke Lehrerin zu Besuchen. Und hier fängt es an, mysteriös zu werden: Das Krankenhaus ist menschenleer (ausgenommen ein seltsamer Reporter), und außerhalb gibt es Tumulte wegen einer Weltuntergangssekte.
Während man nun durch das verlassene Krankenhaus streift trifft man einen seltsamen Jungen samt Kindermädchen und einen unheimlichen Typ, der einen riesigen Dämon auf einen hetzt. Glücklicherweise taucht in diesem Moment die gesuchte Lehrerin auf, und der Typ scheint zu ihr zu gehören.
Wie auch immer: Die Lehrerin führt einen zum Dach des Krankenhauses, sagt dass das Ende der Welt bevorsteht und sie etwas damit zu tun hat. Danach, nun, geht die Welt unter...
Erwähnte ich schon, dass das in den ersten paar Minuten des Spiels passiert?
Aber noch ist nichts verloren. Na ja, eigentlich schon. Jedenfalls hat sich die Erde nun in eine Hohlwelt verwandelt, in deren Zentrum ein gespenstischer Feuerball als Sonne und Mond herhalten muss. Alle Menschen wurden entweder in Dämonen verwandelt oder müssen als ruhelose Seelen umhergeistern.
Unser Protagonist hat keine Ahnung was mit der Lehrerin und seinen Klassenkameraden geschehen ist, aber zumindest hat er die Apokalypse heil überstanden - dank des seltsamen Jungen, der ihn mit Hilfe eines Parasiten (ein sogenannter Magatama) in einen Halbdämonen (im Japanischen "Hitoshura" genannt) verwandelt hat. Aus irgend einem Grund läuft man jetzt oben ohne rum, aber dafür hat man nun ein ziemlich cooles Ganzkörper-Tattoo (und ich könnte schwören, dass sich das im Laufe der Zeit leicht verändert).
Nachdem man sich mit einer freundlichen Pixie zusammen getan hat, kämpft man sich durch das dämonenversuchte Krankenhaus, sammelt dabei eine kleine Kampftruppe zusammen und legt sich mit dem ersten Boss an.
Während man dann anschließend durch die Ruinen der menschlichen Zivilisation irrt - nun Heimat für Dämonen, die es sich etwa in Supermärkten gemütlich machen und in Bars hocken - erfährt man, dass es einen Machtkampf zwischen unterschiedlichen Dämonenfraktionen gibt. Denn diese Hohlwelt ist nur ein Zwischenstadium auf dem Weg zu einer wiedergeborenen Erde. Wie diese neue Erde nun aussehen soll ist genau der Punkt, in dem sich die Fraktionen uneinig sind. Und in diesen Konflikt gerät unser Protagonist...
In dieser Auferstehung der klassischen Shin Megami Tensei Reihe hat sich stylistisch einiges verändert: Hatten die Vorgänger noch starke Cyberpunk-Elemente (der Protagonist konnte sich dank eines tragbaren Computers mit Dämonen verständigen und sie dort einspeichern, außerdem gab es High-Tech-Portale), liegt hier der Fokus auf der spirituellen Seite: Unser Held kann mit Dämonen reden, weil er eben selbst ein halber ist, und Portale funktionieren hier aussließlich per Magie.
Was sich jedoch wenig verändert hat sind die sogenannten Gesinnungen (Chaos, Ordnung, Neutral), die hier etwas verändert in Form der Fraktionen erhalten blieben: Man hat die Wahl zwischen einem Utopia, in dem Ordnung über Freiheit (und Individualität) gestellt wird, einer anarchistischen "Das Überleben des Stärkeren"-Welt und schließlich einer Art persönlichen Welt für jeden Menschen, die er voll und ganz nach seinen Wünschen verändern kann.
Dieses nette System ist auch Basis der unterschiedlichen Enden, in deren Genuss man kommen kann und für hohen Wiederspielwert sorgen. Allerdings ist das Spiel etwas lang, als dass man sich wirklich alle 6 Enden antun möchte - was jedoch keineswegs negativ ist, denn von nem langen Spiel hat man eben mehr.
Und trotz des Mangels an menschlichen Charakteren ist die Geschichte äußerst interessant, weil vernab von der Norm. Hier gibt es keinen stereotypischen Schurken, der aus Spaß die Welt vernichten will. Hier wird Tod und Wiedergeburt thematisiert, sowie Freiheit und Ordnung.
Nicht zuletzt wegen der ganzen Fabelwesen und Gottheiten bietet das Spiel einige interessante Situationen. Wo sonst kann man etwa Loki in einer Bar antreffen oder sich mit Thor anlegen
?
[BREAK=Gotta fuse 'em all!]
Gameplay
Gotta fuse 'em all!
Wie in den Vorgängern kämpft man sich durch labyrinthartige Dungeons mit Hilfe eines rundenbasierten Kampfsystems. Neu ist der Wechsel von First- auf Third-Person-Perspektive (die kann man jedoch nach einmaligem Durchzocken wieder auf "klassisch" stellen).
Ebenfalls neu ist der Mangel an festen Gruppenmitgliedern: Hier gibt es nur noch unseren Hitoshura. Die anderen Gruppenmitglieder sind alles rekrutrierte oder fusionierte Dämonen.
Das Kampfsystem wurde ebenfalls verändert und hat nun einige interessante Kniffe. Es benutzt das sogenannte "Press Turn"-System: Jede Gruppe (die eigene und der Gegner) hat eine Anzahl an Aktionen, die der Größe der Gruppe entspricht (also bei der eigenen ein Maximum an 4, da man höcshtens zu viert kämpfen kann). Bosse haben dabei meist eine Extraaktion.
Im einfachsten Fall handelt also jedes Gruppenmitglied einmal, bevor der Gegner an der Reihe ist. Man kann jedoch auch Mitglieder überspringen, damit andere etwas öfter an der Reihe kommen. Für je 2 übersprungene Mitglieder verliert man jedoch eine Aktion. Eine weitere Aktion verliert man darüber hinaus, wenn man einen Gegner verfehlt oder mit einem Element (physische Attacken sind hierbei auch eine Art Element) attackiert, gegen das er mindestens resistent ist.
Wenn man Aktionen verlieren kann gibt es doch sicherlich Möglichkeiten, welche zu gewinnen, oder? Jupp, man bekommt welche indem man einen kritischen Treffer landet oder den Gegner mit einem Element trifft, gegen das er eine Schwäche hat. Damit kann man die Zahl seiner ursprünglichen Aktionen maximal verdoppeln.
Dieses Kampfsystem gehört zu meinen absoluten Favoriten. Hier wird das Ausnutzen von Schwächen des Gegners belohnt und zur regelrechten Pflicht. Außerdem muss man genau überlegen, welche Dämonen man in welchem Dungeon einsetzt. Man möchte schließlich verhindern, dass der Gegner einen wegpustet, bevor man endlich an der Reihe ist. Ja, auch die eigene Gruppe hat Schwächen und Stärken gegenüber verschiedenen Elementen. Ist also nicht so wie etwa in Final Fantasy, wo nur Gegner so etwas haben und Schwächen und Stärken eh nicht so ne große Rolle spielen, weil jeder Schwarzmagier bereits 90% aller Elemente abdecken kann... :nerv:
Die Kampfzauber, die man einsetzen kann benutzen ein recht interessantes Namenssystem: Jedes Element hat einen eigenen Namen (in welcher Sprache auch immer). Präfixe weisen auf Flächenzauber hin, während Suffixe die Stärke angeben. "Agi" zum Beispiel ist der einfachste Feuerzauber, "Maragi" das gleiche als Flächenzauber und "Agilao" schließlich der mittelstarke Feuerzauber.
Interessant sind hier die Elemente Licht ("Hama") und Dunkelheit ("Mudo"): Nur einige seltene Zauber davon richten richtigen Schaden an. Fast alle Hama- und Mudo-Zauber sind Alles-oder-Nichts-Angriffe: Entweder passiert gar nichts, oder der Gegner stirbt sofort. Hama ist dabei eine Art Exorzismus, während Mudo den klassischen Todeszauber darstellt.
Ebenfalls interessant sind physische Spezialattacken: Die verbrauchen keine SP wie alle anderen Zauber, sondern die HP des Nutzers um einen prozentualen Betrag. Dafür bleiben sie länger nützlich, während man Zauber regelmäßig durch bessere - und teurere - austauschen muss.
Kommen wir nun zum richtig interessanten Teil: Die Interaktion mit Dämonen. Während jedes Nicht-Boss-Kampfes (also meist Zufallskämpfe) kann man einen gegnerischen Dämon ansprechen und dazu überreden, sich einem anzuschließen. Meist muss man eine Frage richtig beantworten oder ihm Geld und Items schenken, damit er sich anschließt. Auch hier gibt es einige Feinheiten: Ist ein Dämon mehrfach in der gegnerischen Truppe vertreten, werden seine Artgenossen sämtliche Ansprechversuche unterbrechen. Noch dazu können einige Dämon gar nicht sprechen, und zu Vollmond kommt es vor, dass bestimte Dämonen durchdrehen, so dass eine Kommunikation nicht möglich ist.
Manchmal kann es auch passieren, dass sich Dämonen ergeben und um Gnade winseln - was sich jedoch als Falle erweisen kann, wenn man darauf eingeht. Und natürlich kommt es vor, dass sie sich einem anschließen wollen.
Solche Gespräche kann normalerweise nur der Protagonist führen, aber mit der richtigen Fähigkeit können das auch seine Dämonen - wenn auch meist etwas eingeschränkter.
In Städten hat man Zugriff auf das Dämonenkompendium. Dort sind alle bereits "gefangenen" Dämonen registriert, mit Beschreibung und einem netten 3D-Modell-Viewer. Außerdem kann man die Einträge (die die Standard-Version darstellen) mit einer aktuelleren Version überschreiben, falls man den betreffenden Dämon grad mit sich herumschleppt. So kann man diesen Dämonen später in alter Stärke wiederbeschwören (gegen Geld, natürlich), falls man ihn etwa fusionieren sollte.
Apropos Fusionieren: Dies ist eines der Kernelemente des Spiels. Dämonen können zwar wie der Protagonist Level aufsteigen und neue Fähigkeiten erlernen, aber sie brauchen länger als unser Hitoshura, wodurch sie früher oder später zu schwach sind. Glücklicherweise kann man Dämonen miteinander fusionieren. Das Endresultat hängt vom Basislevel der beiden Dämonen ab sowie der Untergruppe. Manche Dämonentypen (etwa Engel und Teufel) lassen sich gar nicht erst miteinander fusionieren. Der neu geschaffene Dämon erhält neben seinen Grundfähigkeiten auch immer Fähigkeiten der ursprünglichen Dämonen. Das ganze ist zufällig, also muss man zur Not abrechen und neu anfangen, bis man das gewünschte Resultat hat.
Neben der normalen Fusion gibt es auch eine Opferfusion. Dies ist eine Abänderung der klassischen Dreierfusion (eine Fusion von 3 Dämonen, um einen noch viel stärkeren Dämon zu erhalten): Auch hier wählt man 3 Dämonen aus. Allerdings ist wird einer davon geopfert, um dem frisch fusionierten Dämon einen netten Erfahrungspunkte-Schub zu verpassen.
Eine Sonderolle nehmen die Dämonentypen Mitama und Elementar ein. Fusioniert man einen Mitama (Ying- oder Yang-artige Dämonen, die einen Teil der menschlichen Persönlichkeit darstellen) mit einem Dämonen, so ist das Resultat wieder der gleiche Dämon, allerdings mit einem Statusbonus und zusätzlichen Fähigkeiten. Nimmt man stattdessen einen Elementar, so entsteht immer ein stärkerer Dämon vom gleichen Typ (ein Elementar und ein Engel ergibt also ein stärkerer Engel).
Das coolste bei diesem Dämonensystem: Fast jeden Gegner im Spiel kann man entweder rekrutrieren oder - falls ersteres nicht klappt - fusionieren. Und mit fast jeden meine ich auch fast jeden Bossgegner. Einer der coolsten Momente im Spiel war, als ich beim frohen Fusionieren plötzlich bemerkte: "Ist das nicht der erste Boss gewesen?". Wenn man will kann man sogar seine ganze Gruppe mit ehemaligen Bossen vollpacken :kicher: .
Kommen wir nun zum Protagonisten. Von sich aus kann er keine Fähigkeiten erlernen. Dafür braucht er die Hilfe der Magatama. Diese Magatama sind quasi der einzige "Ausrüstungsgegenstand" im ganzen Spiel. Man kann dabei immer nur einen ausgerüstet haben. Jeder gibt einem dabei andere Statusboni sowie Stärken und Schwächen. Zusätzlich hat jeder Magatama eine Liste von Fähigkeiten, von denen man immer nur die jeweils nächste sehen kann. Neue Fähigkeiten erlernt man wie ander Dämonen nur während eines Stufenaufstiegs. Mindestlevel und genaue Fähigkeit hängen von der ausgerüstete Magatama aus.
Wie alle Dämonen in der SMT-Reihe kann der Protagonist nur ein Maximum an 8 verschiedenen Fähigkeiten auf einmal beherrschen. Danach muss er entweder auf die neue Fähigkeit verzichten oder eine alter verlernen. Und eine einmal verlernte Fähigkeit kann man nie wieder zurück bekommen. Hier ist also vorsicht angesagt. Man muss sich genau überlegen, welche Fähigkeiten man braucht und welche man durch Items (z.B. Heilitems) ersetzen kann. Ach ja, der Protagonist ist der einzige, der Items benutzen kann...
Mit einem interessanten Kampfsystem, einem fast süchtig machenden Fusionssystem und einem Protagonisten, aus dem man quasi seinene eigenen, persönlichen Dämonen machen kann ist SMT Nocturne ein wirklich orignelles, taktisches Spiel. Allerdings ist der Schwierigkeitsgrad nicht ohne: Dungeons sind lang, Zufallskämpfe kommen oft vor, HP- und SP-Wiederherstellung gibt es in Städten nur gegen Geld, die Gegner benutzen die gleichen Tricks wie die eigene Gruppe (ausgenommen Hitoshura-only Fähigkeiten), und eine falsche Gruppenkombination zur falschen Zeit kann ziemlich schmerzhaft enden. Na ja, wenigstens wurde der ursprüngliche normale Schwierigkeitsgrad bei uns zum "schweren" Schwierigkeitsgrad. Und es gibt immerhin eine Kartenfunktion XD
Als kleinen Leckerbissen handelt es sich bei Lucifer's Call nicht um das originale Nocturne, sondern um "Nocturne Maniax", eine Art Extended Edition. Sie bietet neue Dämonen, extrem schwere optionale Bosse, einen neuen Dungeon der den "richtigen" Endboss (der europäische Titel spoilert hier extrem :nerv: ) und ein neues Ende freischaltet. Außerdem hat Dante in seiner DMC2-Inkarnation einen Gastauftritt. Man muss einmal gegen ihn kämpfen, wird von ihm verfolgt und kann ihn unter Umständen auch in seine Gruppe aufnehmen. Ist zwar ein seltsames Crossover, aber das ist mir allemal lieber als DMC2 XD
Ich finde es jedenfalls wirklich interessant, dass wir hier in Europa meist nur von "obskureren" Titeln Dragon Quest, Star Ocean oder eben SMT eine Extended Edition spendiert bekommen. Hat das was damit zu tun, dass man mit dem Release so lange gewartet hat? Na ja, besser als die International Edition von Final Fantasy XII, die wohl nie international wird - außer vielleicht in ca. 10 Jahren als Remake für die PSP3...:fies:
Oh, und Nocturne ist außerdem eines der wenigen RPGs, die noch eine Weltkarte haben. Hier ist es in der SMT-Reihe quasi Tradition, die Gruppe als blauen Pfeil mit einer Art Kopf obendrauf darzustellen. Klassisch
!
Die Magie der kleinen Zahlen
Eine kleine Unterkategorie in Sachen Gameplay. Wie die meisten alten Hasen sicher bemerkt haben, haben sich HP- und Schadenswerte in Konsolen-RPGs im Laufe der Jahre verzehnfacht. Einige Spiele - aus irgend einem Grund vor allem RPGs mit Echtzeit-Kampfsystemen - gingen sogar noch einen Schritt weiter: Mit zehntausenden von HP richtet man mindestens ebensoviel Schaden mit seinen Angriffen an. Und fangen wir gar nicht erst mit diesen RPGs an, in denen Charaktere bereits mit einem einfachen Schlag mehr Schaden anrichten, als sie selbst aushalten würden - weil die Monster aus irgend einem Grund viel mehr einstecken als austeilen können...
Diese Entwicklung find ich ein wenig seltsam. Schon klar, dass man mit modernerer Hardware größere Zahlen verarbeiten kann. Aber was ist so toll daran, wenn man einfach hinter jedem Zahlenwert noch mindestens eine Null dranhängt? Will man Casual Gamer durch coole große Zahlen anlocken? Egal, jedenfalls scheint Nippon Ichi das bemerkt zu haben und überdreht das ganze derart, dass es schon wieder genial ist - oh, aber ich schweife ab...XD
Da man in Nocturne auch immer gegen potentielle Verbündete kämpft, die als Feind die gleichen Werte wie als Freund haben, herrscht natürlich ein größeres HP/Schadens-Gleichgewicht zwischen Gegnern und eigener Truppe. Höchstens bei Bossgegnern trifft man auf extrem viele HP (und Bosse sind meist einige Level höher als die eigene Truppe, damit sie eben nicht gegen sich selbst kämpfen müssen).
Jedenfalls hat die SMT-Reihe ihre Zahlenreichweite im Laufe der Jahre fast gar nicht verändert. Selbst wenn man noch so stark levelt kommt man nie über 999 HP, und meist kommt man auch mit halb so viel klar. Auch der Schaden, den man anrichtet bleibt meist in diesem Bereich (und meist im unteren Drittel), da die meisten Gegner auch nicht mehr aushalten. Überhaupt verbringt man die ersten Stunden im Spiel mit Schadensbereichen im unteren zweistelligen Bereich.
Die Entwicklung des Protagonisten und seiner Dämonen verläuft damit etwas langsam - und auch wieder nicht, denn bei kleinen Zahlen werden auch leichte Verbesserungen deutlich spürbar.
Nennt mich altmodisch, aber diese niedrigen Zahlen haben einen gewissen Charme XD
[BREAK=Der ganze Rest]
Grafik
Nocturne benutzt eine Cell-Shading-Grafik. Dämonen sehen dadurch manchmal etwas detailarm aus, aber dieser Stil wird durch die netten Dungeons und Städte mit ihren amtosphärischen Bildstörungs-Effekten gut in Szene gesetzt.
Das Design der Menschen - und menschenartiger Dämonen - ist orignell, obwohl man sich beschweren könnte, dass sich die Gesichter zu ähnlich sehen...
Das Dämonendesign reicht von "sexy!" (Pixie, Succubus, Lamia :herz: ) über "cool!" (Oni, Thor
) bis hin zu "WTF?!" (komisches Besen-Dings :hoeh: ). Einige Exemplare halten sich eng an der mythologischen Vorlage, während die Designer bei anderen Exemplare etwas freier waren: So hat der schwächste Engel (eine Frau) ein Bondage-Gürteloutfit, und eine Nekomata ist hier keine Katze mit 2 Schwänzen, sondern eine Art Ninja-Catgirl. Und obwohl er in diesem Teil nicht vorkommt lohnt es sich zu erwähnen, dass Cerberus in den meisten SMT-Teilen kein 3-köpfiger Hund, sondern ein weißer Löwe mit Schlangenschwanz ist...
Das ist jedoch alles nichts Neues für Kenner der älteren Teile, denn das Design der meisten Monster hat sich seit den Anfangstagen der Reihe nur wenig verändert.
Alles in allem ist die Grafik von Nocturne gut, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig. Aber Zeit zum Gewöhnen hat man ja genug - vor allem weil die nachfolgenden SMT-Teile die gleichen Dämonenmodelle benutzen
Sound
Dungeons und Städte werden mit treffenden Musik unterlegt. Schön düster und atmosphärisch, mit ein bisschen Rock hier und da.
Richtig interessant wird's jedoch in Kämpfen, egal ob Zufall oder Boss. Hier wird die E-Gitarre ausgepackt und fetziger Rock/Metal gespielt - mit unartikuliertem, "dämonischem" Gesang. Da macht Kämpfen gleich nochmal so viel Spaß.
Zumindest die SMT-Hauptreihe hatte schon immer eine schwäche für rockiger Kampfmucke, und Nocturne ist quasi die Krönung des ganzen. Glaubt mir, diese Kampfmusik wird so schnell nicht langweilig *headbang* !
Kommen wir zu den Stimmen: Es gibt keine! Nun, zumindest fällt es so nicht auf, dass man den Namen des Protagonisten selbst aussuchen muss. Wie in den alten Tagen eben, was ich durchaus nicht schlecht finde. Aber gute Synchro hätte noch einiges zur Stimmung beigetragen...
Übersetzung
Die Texte in Nocturne wurden - anders als in den nachfolgenden Teile - komplett ins Deutsche übersetzt. Hab zwar nichts gegen englisch, aber ich finde das ein wenig Schade, da die Übersetzung eigentlich ziemlich gut ausgefallen ist. Alle Fähigkeiten haben ihre seltsamen, klassischen Namen behalten, ebenso jedes noch so obskure japanische Fabelwesen.
Fazit
Eine der erfrischensten Neuerungen, die ich je im Bereich der rundenbasierten Kampfsysteme gesehen habe, altmodisches Gameplay, dass einem gar nicht so vorkommt (Rekrutrieren und Fusionieren konnte man schon in den SNES-Teilen), eine stark spirituelle Handlung und natürlich die "Was du bekämpfst kann auch für dich kämpfen"-Mentalität machen Shin Megami Tensei: Lucifer's Call zu einem absoluten Geheimtipp. Alte Hasen, Freunde origineller Spielkonzepte sowie gealterte Monsterspiele-Fans kommen voll auf ihre Kosten. Besser konnte man die SMT-Invasion auf Europa wohl nicht starten
!
Wie auch immer, hier ist der Beginn einer neuen Review-Reihe meinerseits:
Trio Infernale
Ich werde, beginnend mit diesem Review, alle 3 Spiele der "Shin Megami Tensei"-Reihe reviewen, die ich bisher gezockt habe: Lucifer's Call (aka Nocturne), Persona 3 (inklusive FES) und schließlich Persona 4. Hoffentlich komm ich dabei niemandem zuvor bzw. er mir. Wenn ja, dann sag ich nur: Es kann nur einen geben... :fies:
Dieses Review wird wahrscheinlich deutlich länger wie die beiden anderen, da ich hier mehr Hintergrundwissen einfließen lasse und über Eigenheiten der Reihe fasel.
Einleitung
Shin Megami Tensei mag in unserern Breitengraden ziemlich unbekannt sein, aber im Heimatland Japan ist es eine bekannte und erfolgreiche Reihe mit unzähligen Spin-offs, die ich dank seiner Größe ruhig neben Final Fantasy und Dragon Quest einreihen kann.
Leider tat sich die SMT-Reihe anfangs schwer, Fuß in der westlichen Spielewelt zu fassen. Das lag zum einen an der "satanistischeren" Natur der Reihe und möglicherweise auch daran, dass der Oberschurke der frühen Hauptreihe ein riesiger Kopf namens "YWH" war. Oh, und in einem Spinoff spielt man einen homosexuellen Protagonisten...:nerv:
Das alles änderte sich schlagartig mit diesem Spiel (übrigens seit langem mal ein Teil der Hauptreihe), dass ich hier reviewe: SMT Nocturne (hier bekannt als SMT Lucifer's Call, aber ich werde es nun Nocturne nennen weil sich das schneller schreibt XD ) war nicht nur der so ziemlich erste Teil, der es hier nach Europa geschafft hat, er war auch Wegbereiter für weitere Teile. Denn nach Nocturne wurde quasi JEDER folgende SMT-Teil in den USA und Europa veröffentlicht.
Was SMT von anderen Spielereihen hervorhebt ist der große Fokus auf Dämonen - ein Sammelbegriff für Götter und Fabelwesen aus so ziemlich jeder Mythologie dieser Erde. Diese Dämonen stellen in den meisten Teilen praktisch sämtliche Gegner und Bosse. Gleichzeitig kann man sie jedoch auch während des Kampfes rekrutrieren, um sie dann der eigenen Truppe hinzuzufügen oder mit anderen Dämonen zu einem neuen, stärkeren Exemplar zu fusionieren. Ist also ein bisschen wie diese kindische, abgespeckte Gameboy-Spiel, dessen Name mir nicht mehr einfällt...:nerv:
Story
Auf Wiedersehen, und danke für die vielen Hausaufgaben.
Japan, in naher Zukunft...
Unser stiller Protagonist - ein Schüler- hat sich mit 2 Klassenkameraden aufgemacht, seine kranke Lehrerin zu Besuchen. Und hier fängt es an, mysteriös zu werden: Das Krankenhaus ist menschenleer (ausgenommen ein seltsamer Reporter), und außerhalb gibt es Tumulte wegen einer Weltuntergangssekte.
Während man nun durch das verlassene Krankenhaus streift trifft man einen seltsamen Jungen samt Kindermädchen und einen unheimlichen Typ, der einen riesigen Dämon auf einen hetzt. Glücklicherweise taucht in diesem Moment die gesuchte Lehrerin auf, und der Typ scheint zu ihr zu gehören.
Wie auch immer: Die Lehrerin führt einen zum Dach des Krankenhauses, sagt dass das Ende der Welt bevorsteht und sie etwas damit zu tun hat. Danach, nun, geht die Welt unter...
Erwähnte ich schon, dass das in den ersten paar Minuten des Spiels passiert?
Aber noch ist nichts verloren. Na ja, eigentlich schon. Jedenfalls hat sich die Erde nun in eine Hohlwelt verwandelt, in deren Zentrum ein gespenstischer Feuerball als Sonne und Mond herhalten muss. Alle Menschen wurden entweder in Dämonen verwandelt oder müssen als ruhelose Seelen umhergeistern.
Unser Protagonist hat keine Ahnung was mit der Lehrerin und seinen Klassenkameraden geschehen ist, aber zumindest hat er die Apokalypse heil überstanden - dank des seltsamen Jungen, der ihn mit Hilfe eines Parasiten (ein sogenannter Magatama) in einen Halbdämonen (im Japanischen "Hitoshura" genannt) verwandelt hat. Aus irgend einem Grund läuft man jetzt oben ohne rum, aber dafür hat man nun ein ziemlich cooles Ganzkörper-Tattoo (und ich könnte schwören, dass sich das im Laufe der Zeit leicht verändert).
Nachdem man sich mit einer freundlichen Pixie zusammen getan hat, kämpft man sich durch das dämonenversuchte Krankenhaus, sammelt dabei eine kleine Kampftruppe zusammen und legt sich mit dem ersten Boss an.
Während man dann anschließend durch die Ruinen der menschlichen Zivilisation irrt - nun Heimat für Dämonen, die es sich etwa in Supermärkten gemütlich machen und in Bars hocken - erfährt man, dass es einen Machtkampf zwischen unterschiedlichen Dämonenfraktionen gibt. Denn diese Hohlwelt ist nur ein Zwischenstadium auf dem Weg zu einer wiedergeborenen Erde. Wie diese neue Erde nun aussehen soll ist genau der Punkt, in dem sich die Fraktionen uneinig sind. Und in diesen Konflikt gerät unser Protagonist...
In dieser Auferstehung der klassischen Shin Megami Tensei Reihe hat sich stylistisch einiges verändert: Hatten die Vorgänger noch starke Cyberpunk-Elemente (der Protagonist konnte sich dank eines tragbaren Computers mit Dämonen verständigen und sie dort einspeichern, außerdem gab es High-Tech-Portale), liegt hier der Fokus auf der spirituellen Seite: Unser Held kann mit Dämonen reden, weil er eben selbst ein halber ist, und Portale funktionieren hier aussließlich per Magie.
Was sich jedoch wenig verändert hat sind die sogenannten Gesinnungen (Chaos, Ordnung, Neutral), die hier etwas verändert in Form der Fraktionen erhalten blieben: Man hat die Wahl zwischen einem Utopia, in dem Ordnung über Freiheit (und Individualität) gestellt wird, einer anarchistischen "Das Überleben des Stärkeren"-Welt und schließlich einer Art persönlichen Welt für jeden Menschen, die er voll und ganz nach seinen Wünschen verändern kann.
Dieses nette System ist auch Basis der unterschiedlichen Enden, in deren Genuss man kommen kann und für hohen Wiederspielwert sorgen. Allerdings ist das Spiel etwas lang, als dass man sich wirklich alle 6 Enden antun möchte - was jedoch keineswegs negativ ist, denn von nem langen Spiel hat man eben mehr.
Und trotz des Mangels an menschlichen Charakteren ist die Geschichte äußerst interessant, weil vernab von der Norm. Hier gibt es keinen stereotypischen Schurken, der aus Spaß die Welt vernichten will. Hier wird Tod und Wiedergeburt thematisiert, sowie Freiheit und Ordnung.
Nicht zuletzt wegen der ganzen Fabelwesen und Gottheiten bietet das Spiel einige interessante Situationen. Wo sonst kann man etwa Loki in einer Bar antreffen oder sich mit Thor anlegen
[BREAK=Gotta fuse 'em all!]
Gameplay
Gotta fuse 'em all!
Wie in den Vorgängern kämpft man sich durch labyrinthartige Dungeons mit Hilfe eines rundenbasierten Kampfsystems. Neu ist der Wechsel von First- auf Third-Person-Perspektive (die kann man jedoch nach einmaligem Durchzocken wieder auf "klassisch" stellen).
Ebenfalls neu ist der Mangel an festen Gruppenmitgliedern: Hier gibt es nur noch unseren Hitoshura. Die anderen Gruppenmitglieder sind alles rekrutrierte oder fusionierte Dämonen.
Das Kampfsystem wurde ebenfalls verändert und hat nun einige interessante Kniffe. Es benutzt das sogenannte "Press Turn"-System: Jede Gruppe (die eigene und der Gegner) hat eine Anzahl an Aktionen, die der Größe der Gruppe entspricht (also bei der eigenen ein Maximum an 4, da man höcshtens zu viert kämpfen kann). Bosse haben dabei meist eine Extraaktion.
Im einfachsten Fall handelt also jedes Gruppenmitglied einmal, bevor der Gegner an der Reihe ist. Man kann jedoch auch Mitglieder überspringen, damit andere etwas öfter an der Reihe kommen. Für je 2 übersprungene Mitglieder verliert man jedoch eine Aktion. Eine weitere Aktion verliert man darüber hinaus, wenn man einen Gegner verfehlt oder mit einem Element (physische Attacken sind hierbei auch eine Art Element) attackiert, gegen das er mindestens resistent ist.
Wenn man Aktionen verlieren kann gibt es doch sicherlich Möglichkeiten, welche zu gewinnen, oder? Jupp, man bekommt welche indem man einen kritischen Treffer landet oder den Gegner mit einem Element trifft, gegen das er eine Schwäche hat. Damit kann man die Zahl seiner ursprünglichen Aktionen maximal verdoppeln.
Dieses Kampfsystem gehört zu meinen absoluten Favoriten. Hier wird das Ausnutzen von Schwächen des Gegners belohnt und zur regelrechten Pflicht. Außerdem muss man genau überlegen, welche Dämonen man in welchem Dungeon einsetzt. Man möchte schließlich verhindern, dass der Gegner einen wegpustet, bevor man endlich an der Reihe ist. Ja, auch die eigene Gruppe hat Schwächen und Stärken gegenüber verschiedenen Elementen. Ist also nicht so wie etwa in Final Fantasy, wo nur Gegner so etwas haben und Schwächen und Stärken eh nicht so ne große Rolle spielen, weil jeder Schwarzmagier bereits 90% aller Elemente abdecken kann... :nerv:
Die Kampfzauber, die man einsetzen kann benutzen ein recht interessantes Namenssystem: Jedes Element hat einen eigenen Namen (in welcher Sprache auch immer). Präfixe weisen auf Flächenzauber hin, während Suffixe die Stärke angeben. "Agi" zum Beispiel ist der einfachste Feuerzauber, "Maragi" das gleiche als Flächenzauber und "Agilao" schließlich der mittelstarke Feuerzauber.
Interessant sind hier die Elemente Licht ("Hama") und Dunkelheit ("Mudo"): Nur einige seltene Zauber davon richten richtigen Schaden an. Fast alle Hama- und Mudo-Zauber sind Alles-oder-Nichts-Angriffe: Entweder passiert gar nichts, oder der Gegner stirbt sofort. Hama ist dabei eine Art Exorzismus, während Mudo den klassischen Todeszauber darstellt.
Ebenfalls interessant sind physische Spezialattacken: Die verbrauchen keine SP wie alle anderen Zauber, sondern die HP des Nutzers um einen prozentualen Betrag. Dafür bleiben sie länger nützlich, während man Zauber regelmäßig durch bessere - und teurere - austauschen muss.
Kommen wir nun zum richtig interessanten Teil: Die Interaktion mit Dämonen. Während jedes Nicht-Boss-Kampfes (also meist Zufallskämpfe) kann man einen gegnerischen Dämon ansprechen und dazu überreden, sich einem anzuschließen. Meist muss man eine Frage richtig beantworten oder ihm Geld und Items schenken, damit er sich anschließt. Auch hier gibt es einige Feinheiten: Ist ein Dämon mehrfach in der gegnerischen Truppe vertreten, werden seine Artgenossen sämtliche Ansprechversuche unterbrechen. Noch dazu können einige Dämon gar nicht sprechen, und zu Vollmond kommt es vor, dass bestimte Dämonen durchdrehen, so dass eine Kommunikation nicht möglich ist.
Manchmal kann es auch passieren, dass sich Dämonen ergeben und um Gnade winseln - was sich jedoch als Falle erweisen kann, wenn man darauf eingeht. Und natürlich kommt es vor, dass sie sich einem anschließen wollen.
Solche Gespräche kann normalerweise nur der Protagonist führen, aber mit der richtigen Fähigkeit können das auch seine Dämonen - wenn auch meist etwas eingeschränkter.
In Städten hat man Zugriff auf das Dämonenkompendium. Dort sind alle bereits "gefangenen" Dämonen registriert, mit Beschreibung und einem netten 3D-Modell-Viewer. Außerdem kann man die Einträge (die die Standard-Version darstellen) mit einer aktuelleren Version überschreiben, falls man den betreffenden Dämon grad mit sich herumschleppt. So kann man diesen Dämonen später in alter Stärke wiederbeschwören (gegen Geld, natürlich), falls man ihn etwa fusionieren sollte.
Apropos Fusionieren: Dies ist eines der Kernelemente des Spiels. Dämonen können zwar wie der Protagonist Level aufsteigen und neue Fähigkeiten erlernen, aber sie brauchen länger als unser Hitoshura, wodurch sie früher oder später zu schwach sind. Glücklicherweise kann man Dämonen miteinander fusionieren. Das Endresultat hängt vom Basislevel der beiden Dämonen ab sowie der Untergruppe. Manche Dämonentypen (etwa Engel und Teufel) lassen sich gar nicht erst miteinander fusionieren. Der neu geschaffene Dämon erhält neben seinen Grundfähigkeiten auch immer Fähigkeiten der ursprünglichen Dämonen. Das ganze ist zufällig, also muss man zur Not abrechen und neu anfangen, bis man das gewünschte Resultat hat.
Neben der normalen Fusion gibt es auch eine Opferfusion. Dies ist eine Abänderung der klassischen Dreierfusion (eine Fusion von 3 Dämonen, um einen noch viel stärkeren Dämon zu erhalten): Auch hier wählt man 3 Dämonen aus. Allerdings ist wird einer davon geopfert, um dem frisch fusionierten Dämon einen netten Erfahrungspunkte-Schub zu verpassen.
Eine Sonderolle nehmen die Dämonentypen Mitama und Elementar ein. Fusioniert man einen Mitama (Ying- oder Yang-artige Dämonen, die einen Teil der menschlichen Persönlichkeit darstellen) mit einem Dämonen, so ist das Resultat wieder der gleiche Dämon, allerdings mit einem Statusbonus und zusätzlichen Fähigkeiten. Nimmt man stattdessen einen Elementar, so entsteht immer ein stärkerer Dämon vom gleichen Typ (ein Elementar und ein Engel ergibt also ein stärkerer Engel).
Das coolste bei diesem Dämonensystem: Fast jeden Gegner im Spiel kann man entweder rekrutrieren oder - falls ersteres nicht klappt - fusionieren. Und mit fast jeden meine ich auch fast jeden Bossgegner. Einer der coolsten Momente im Spiel war, als ich beim frohen Fusionieren plötzlich bemerkte: "Ist das nicht der erste Boss gewesen?". Wenn man will kann man sogar seine ganze Gruppe mit ehemaligen Bossen vollpacken :kicher: .
Kommen wir nun zum Protagonisten. Von sich aus kann er keine Fähigkeiten erlernen. Dafür braucht er die Hilfe der Magatama. Diese Magatama sind quasi der einzige "Ausrüstungsgegenstand" im ganzen Spiel. Man kann dabei immer nur einen ausgerüstet haben. Jeder gibt einem dabei andere Statusboni sowie Stärken und Schwächen. Zusätzlich hat jeder Magatama eine Liste von Fähigkeiten, von denen man immer nur die jeweils nächste sehen kann. Neue Fähigkeiten erlernt man wie ander Dämonen nur während eines Stufenaufstiegs. Mindestlevel und genaue Fähigkeit hängen von der ausgerüstete Magatama aus.
Wie alle Dämonen in der SMT-Reihe kann der Protagonist nur ein Maximum an 8 verschiedenen Fähigkeiten auf einmal beherrschen. Danach muss er entweder auf die neue Fähigkeit verzichten oder eine alter verlernen. Und eine einmal verlernte Fähigkeit kann man nie wieder zurück bekommen. Hier ist also vorsicht angesagt. Man muss sich genau überlegen, welche Fähigkeiten man braucht und welche man durch Items (z.B. Heilitems) ersetzen kann. Ach ja, der Protagonist ist der einzige, der Items benutzen kann...
Mit einem interessanten Kampfsystem, einem fast süchtig machenden Fusionssystem und einem Protagonisten, aus dem man quasi seinene eigenen, persönlichen Dämonen machen kann ist SMT Nocturne ein wirklich orignelles, taktisches Spiel. Allerdings ist der Schwierigkeitsgrad nicht ohne: Dungeons sind lang, Zufallskämpfe kommen oft vor, HP- und SP-Wiederherstellung gibt es in Städten nur gegen Geld, die Gegner benutzen die gleichen Tricks wie die eigene Gruppe (ausgenommen Hitoshura-only Fähigkeiten), und eine falsche Gruppenkombination zur falschen Zeit kann ziemlich schmerzhaft enden. Na ja, wenigstens wurde der ursprüngliche normale Schwierigkeitsgrad bei uns zum "schweren" Schwierigkeitsgrad. Und es gibt immerhin eine Kartenfunktion XD
Als kleinen Leckerbissen handelt es sich bei Lucifer's Call nicht um das originale Nocturne, sondern um "Nocturne Maniax", eine Art Extended Edition. Sie bietet neue Dämonen, extrem schwere optionale Bosse, einen neuen Dungeon der den "richtigen" Endboss (der europäische Titel spoilert hier extrem :nerv: ) und ein neues Ende freischaltet. Außerdem hat Dante in seiner DMC2-Inkarnation einen Gastauftritt. Man muss einmal gegen ihn kämpfen, wird von ihm verfolgt und kann ihn unter Umständen auch in seine Gruppe aufnehmen. Ist zwar ein seltsames Crossover, aber das ist mir allemal lieber als DMC2 XD
Ich finde es jedenfalls wirklich interessant, dass wir hier in Europa meist nur von "obskureren" Titeln Dragon Quest, Star Ocean oder eben SMT eine Extended Edition spendiert bekommen. Hat das was damit zu tun, dass man mit dem Release so lange gewartet hat? Na ja, besser als die International Edition von Final Fantasy XII, die wohl nie international wird - außer vielleicht in ca. 10 Jahren als Remake für die PSP3...:fies:
Oh, und Nocturne ist außerdem eines der wenigen RPGs, die noch eine Weltkarte haben. Hier ist es in der SMT-Reihe quasi Tradition, die Gruppe als blauen Pfeil mit einer Art Kopf obendrauf darzustellen. Klassisch
Die Magie der kleinen Zahlen
Eine kleine Unterkategorie in Sachen Gameplay. Wie die meisten alten Hasen sicher bemerkt haben, haben sich HP- und Schadenswerte in Konsolen-RPGs im Laufe der Jahre verzehnfacht. Einige Spiele - aus irgend einem Grund vor allem RPGs mit Echtzeit-Kampfsystemen - gingen sogar noch einen Schritt weiter: Mit zehntausenden von HP richtet man mindestens ebensoviel Schaden mit seinen Angriffen an. Und fangen wir gar nicht erst mit diesen RPGs an, in denen Charaktere bereits mit einem einfachen Schlag mehr Schaden anrichten, als sie selbst aushalten würden - weil die Monster aus irgend einem Grund viel mehr einstecken als austeilen können...
Diese Entwicklung find ich ein wenig seltsam. Schon klar, dass man mit modernerer Hardware größere Zahlen verarbeiten kann. Aber was ist so toll daran, wenn man einfach hinter jedem Zahlenwert noch mindestens eine Null dranhängt? Will man Casual Gamer durch coole große Zahlen anlocken? Egal, jedenfalls scheint Nippon Ichi das bemerkt zu haben und überdreht das ganze derart, dass es schon wieder genial ist - oh, aber ich schweife ab...XD
Da man in Nocturne auch immer gegen potentielle Verbündete kämpft, die als Feind die gleichen Werte wie als Freund haben, herrscht natürlich ein größeres HP/Schadens-Gleichgewicht zwischen Gegnern und eigener Truppe. Höchstens bei Bossgegnern trifft man auf extrem viele HP (und Bosse sind meist einige Level höher als die eigene Truppe, damit sie eben nicht gegen sich selbst kämpfen müssen).
Jedenfalls hat die SMT-Reihe ihre Zahlenreichweite im Laufe der Jahre fast gar nicht verändert. Selbst wenn man noch so stark levelt kommt man nie über 999 HP, und meist kommt man auch mit halb so viel klar. Auch der Schaden, den man anrichtet bleibt meist in diesem Bereich (und meist im unteren Drittel), da die meisten Gegner auch nicht mehr aushalten. Überhaupt verbringt man die ersten Stunden im Spiel mit Schadensbereichen im unteren zweistelligen Bereich.
Die Entwicklung des Protagonisten und seiner Dämonen verläuft damit etwas langsam - und auch wieder nicht, denn bei kleinen Zahlen werden auch leichte Verbesserungen deutlich spürbar.
Nennt mich altmodisch, aber diese niedrigen Zahlen haben einen gewissen Charme XD
[BREAK=Der ganze Rest]
Grafik
Nocturne benutzt eine Cell-Shading-Grafik. Dämonen sehen dadurch manchmal etwas detailarm aus, aber dieser Stil wird durch die netten Dungeons und Städte mit ihren amtosphärischen Bildstörungs-Effekten gut in Szene gesetzt.
Das Design der Menschen - und menschenartiger Dämonen - ist orignell, obwohl man sich beschweren könnte, dass sich die Gesichter zu ähnlich sehen...
Das Dämonendesign reicht von "sexy!" (Pixie, Succubus, Lamia :herz: ) über "cool!" (Oni, Thor
Das ist jedoch alles nichts Neues für Kenner der älteren Teile, denn das Design der meisten Monster hat sich seit den Anfangstagen der Reihe nur wenig verändert.
Alles in allem ist die Grafik von Nocturne gut, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig. Aber Zeit zum Gewöhnen hat man ja genug - vor allem weil die nachfolgenden SMT-Teile die gleichen Dämonenmodelle benutzen
Sound
Dungeons und Städte werden mit treffenden Musik unterlegt. Schön düster und atmosphärisch, mit ein bisschen Rock hier und da.
Richtig interessant wird's jedoch in Kämpfen, egal ob Zufall oder Boss. Hier wird die E-Gitarre ausgepackt und fetziger Rock/Metal gespielt - mit unartikuliertem, "dämonischem" Gesang. Da macht Kämpfen gleich nochmal so viel Spaß.
Zumindest die SMT-Hauptreihe hatte schon immer eine schwäche für rockiger Kampfmucke, und Nocturne ist quasi die Krönung des ganzen. Glaubt mir, diese Kampfmusik wird so schnell nicht langweilig *headbang* !
Kommen wir zu den Stimmen: Es gibt keine! Nun, zumindest fällt es so nicht auf, dass man den Namen des Protagonisten selbst aussuchen muss. Wie in den alten Tagen eben, was ich durchaus nicht schlecht finde. Aber gute Synchro hätte noch einiges zur Stimmung beigetragen...
Übersetzung
Die Texte in Nocturne wurden - anders als in den nachfolgenden Teile - komplett ins Deutsche übersetzt. Hab zwar nichts gegen englisch, aber ich finde das ein wenig Schade, da die Übersetzung eigentlich ziemlich gut ausgefallen ist. Alle Fähigkeiten haben ihre seltsamen, klassischen Namen behalten, ebenso jedes noch so obskure japanische Fabelwesen.
Fazit
Eine der erfrischensten Neuerungen, die ich je im Bereich der rundenbasierten Kampfsysteme gesehen habe, altmodisches Gameplay, dass einem gar nicht so vorkommt (Rekrutrieren und Fusionieren konnte man schon in den SNES-Teilen), eine stark spirituelle Handlung und natürlich die "Was du bekämpfst kann auch für dich kämpfen"-Mentalität machen Shin Megami Tensei: Lucifer's Call zu einem absoluten Geheimtipp. Alte Hasen, Freunde origineller Spielkonzepte sowie gealterte Monsterspiele-Fans kommen voll auf ihre Kosten. Besser konnte man die SMT-Invasion auf Europa wohl nicht starten
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