@Hanniball: Deine Einstellung für dein tägliches Leben kann ich so unterschreiben, und du hast es sehr schön beschrieben.
Dass Politiker dem Volk nicht so nah sind, wie man es sich wünscht, ist für mich eher ungewöhnlich. Bei uns gibt es alle 2 Wochen jeweils irgendeine öffentliche, kostenlose Diskussion mit lokalen Mitgliedern des Bundes- oder Landtages, oft auch mit anderen bekannten Politikern, die eingeladen werden. Jeder Bürger darf dort gern hinzukommen und sich an den Gesprächen beteiligen.
Gibt es solche Veranstaltungen auch bei euch? Wenn nicht, dann darfst du dennoch jederzeit an einen beliebigen Bundestagsabgeordneten schreiben, er muss dir antworten. Versuch es ruhig mal, es kostet dich nichts.
Was den Afghanistaneinsatz anbelangt, muss ich mich jedoch Szadek anschließen. Wir kämpfen dort für das Entstehen einer stabilen Demokratie und gegen Terrorzellen. Das ist schwer und langwierig, aber es lohnt sich meiner Meinung nach.
Danke auch für die Information, wie mit ungültigen Stimmen verfahren wird, ich habe bislang auch immer gedacht, sie würden die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen erhöhen.
Und zum von MicalLex angesprochenen Protestwählen:
Auf Bundesebene gilt die 5-Prozent-Klausel, was bedeutet, dass Parteien, die weniger als 5% der abgegebenen Stimmen erhalten, keinen Sitz im Bundestag bekommen. Die Sitze dort werden prozentual unter den Parteien aufgeteilt, die mindestens 5% der abgegebenen Stimmen erhalten haben.
Allerdings bekommt Partei A, die -sagen wir- 42% der Stimmen erhalten hat, nicht 42% der Sitze dort.
Gehen wir von folgender Konstellation aus:
Partei A: 36%
Partei B: 32%
Partei C: 12%
Partei D: 10%
Partei E: 4%
Sonstige: 6% (keine einzelne mehr als 4 Prozent)
Dann ziehen Partei A, B, C und D in den Bundestag ein. Dabei bekommt Partei A von den Sitzen dort 36/(36 + 32 + 12 + 10) = 36/90 = 40% der Sitze.
Für Partei B, C und D geht de Rechnung analog, jede bekommt prozentual mehr Sitze, als sie Anteile der abgegebenen Stimmen hat.
Nun muss man noch die Direktmandate berücksichtigen: Neben der Stimme für die Partei hat man auch eine Stimme für einen Abgeordneten aus dem Wahlkreis. Pro Wahlkreis gewinnt genau einer der Kandidaten ein Direktmandat, eine Reservierung für einen Platz im Bundestag. Stehen der Partei (durch die Stimmen für die Partei) mehr Sitze zu, als sie Direktmandate hat, so werden die restlichen Plätze aus der Parteiliste gefüllt. Wenn z.B. Guido Westerwelle in einem Wahlkreis nicht direkt gewählt wird, die FDP aber durch ihre Stimmen 12 Sitze kriegt, aber nur 4 Direktmandate hat, kann sie 8 Plätze durch nicht direkt gewählte Leute aus ihren Reihen auffüllen, so säße z.B. Guido doch im Bundestag. Es geht aber auch anders: Hat eine Partei genau so viele Direktmandate, wie sie Plätze durch die Stimmen für die Partei gewinnt, so sind diese Plätze mit den Direktmandaten automatisch belegt. Hat sie mehr Direktmandate als ihr Plätze zustehen, bekommen alle direkt gewählten einen Platz, sie bekommen einen zusätzlichen Stuhl im Bundestag, die Anzahl der Mitglieder des Bundestags erhöht sich dadurch ("Überhangmandate") .
Solchen Situationen können prominente Politiker zum Opfer fallen, wenn sie nicht in ihrem Wahlkreis gewinnen, und die Partei sonst sehr viele Direktmandate hat.
Was ich damit eigentlich sagen wollte, ist: Protestwählen hilft faktisch gar nicht, und psychologisch nur dann, wenn den etablierten Parteien überhaupt wichtig ist, wie viele Stimmen an die sog. "Sonstigen" gegangen sind. Und das ist üblicherweise nicht der Fall.
Ich kann eine gewisse Protesthaltung dennoch nachvollziehen und möchte hier auch niemandem zu nahe treten. Ich persönlich werde wählen gehen, und es wird keine Protestwahl. Demokratie kann nur funktionieren, wenn sich möglichst viele beteiligen. Egal, ob per Protestwahl, aus dem Bauch heraus, wegen einzelner Personen oder nach intensiver Auseinandersetzung mit den Wahlprogrammen.