Aktuelle verfolge ich Sword Art Online: Alicization – dann kann man sich sicherlich denken, dass ich auch mit den anderen Staffeln vertraut bin. Im Gegensatz zu meinen „Vorrednern“ bin ich allerdings vom Inhalt der Geschichte nicht sonderlich angetan, wobei meine Bewertung selbstredend von Arc zu Arc schon etwas unterschiedlich ausfällt.
Eine Gemeinsamkeit haben aber bisher alle Produktionen des SAO-Universums: Genug Budget, um die Action mit flüssigen Animationen, kräftigen Farben und scharfen Kanten auf den Bildschirm zu bringen. Selbst zum wöchentlichen Release sah die Serie immer hochwertig aus – anders als bei anderen Serien, die während ihrer Laufzeit meistens stark einbüßen und erst später auf BluRay oder DVD die nötige Sorgfalt bekommen.
Auch musikalisch kann man der Serie nicht viel vorwerfen. Persönlich kann ich mit den Openings und Endings nicht viel anfangen, aber sie passen zum Setting und werden von mir zumindest nicht störend empfunden. Die Musik innerhalb der Serie ist dann weitgehend gut, unterstreicht die Atmosphäre und liefert ab, wie man so schön sagt.
Audiovisuell irgendwelche Vorwürfe zu machen, wäre von mir demnach nicht fair, aber wenn der Inhalt nicht überzeugt… Ich finde das Writing in Sword Art Online einfach furchtbar und man merkt die Zielgruppe der Visual Novel-Vorlage leider an allen Ecken und Kanten. Inhaltlich ist SAO weder sonderlich anspruchsvoll, noch einzigartig oder clever.
Natürlich muss nicht jeder Anime tiefgründig sein oder vor Brillanz strotzen, aber wenn man schon eine flache Story präsentiert, sollten wenigstens die Charaktere diese Handlung tragen können und dies ist; meiner Ansicht nach; schon eher kritisch, wenn man mit Kirito einen männlichen „Self Insert“ für Neckbeards hat, der absolut fehlerlos ist und wenn er doch einen Fehler hat, dann wird dieser genutzt, damit man Sympathie für Kirigaya aufbringen kann und nicht unbedingt, um einen Konflikt innerhalb der Serie zu provozieren.
Wenn SAO nichts weiter wäre als ein alltäglicher Fighting- Shōnen, könnte ich das knöcheltiefe Charakter-Writing vielleicht ebenfalls noch verzeihen (auch, wenn mir persönlich kein einziger Charakter sympathisch ist), aber SAO versucht mir auch noch eine dramatische Liebesgeschichte zu verkaufen, die ab dem Fairy Dance-Arc eigentlich auf „Damsel in Distress“ hinausläuft. Deswegen empfand ich den Phantom Bullet-Arc wohl auch wieder ansprechender, weil es nicht darum ging, dass Kirito eine Dame retten muss – der gute Eindruck wurde aber gleich wieder zerstört.
Der Calibur-Arc danach trägt absolut nichts zur Geschichte bei und fühlt sich an wie ein zweckloser Platzhalter, während Mother Rosario eine Beleidigung an die Intelligenz des Zuschauers ist. Ich dachte immer, dass Fairy Dance nicht unterboten werden könnte und da habe ich weit gefehlt… dabei war die Abstinenz von Kirito ein frischer Wind.
Mit dem jetzigen Arc bin ich auch nicht zufrieden. Es ist wieder die „Damsel in Distress“ und absolut unnatürliche Reaktionen der Charaktere. Nicht alles in einem Anime muss (oder soll!) der menschlichen Logik folgen, aber die innere Logik sollte bestehen, doch damit hat die gesamte Serie so ihre Probleme. Damit meine ich nicht so Plotpunkte, wie das Todesspiel an sich, sondern mehr so Punkte, wo in der Realität etwas passiert, worauf aber kein Charakter irgendwie annähernd normal reagiert.
Und dann ist noch die Sache mit der sogenannten „Plot Convenience“: Yui kann immer exakt die Dinge, welche sie gerade für den Plot können muss. Sie kann z.B. High-Security Datenbanken umschreiben, die nichts mit SAO / ALO oder GGO zu tun haben, Programme hacken, auf Kameras zugreifen usw. usf. Warum hat ein Mental Health-Programm / Navigations-Programm aus einem VRMMO so viel Macht im realen Leben? So viel, dass man damit Banken ausrauben könnte? Aber auf der anderen Seite hat es dann in bestimmten Situationen wieder nur so viel Macht, dass man der Lösung des Rätsels doch nicht auf die Spur kommt.
Yui: Kann sich in Hochsicherheitsnetzwerke hacken, polizeiliche Kameras abrufen, aber kein Handy weiter als 10 Meter tracken.
Seems legit.
Je weiter man in der Serie kommt, umso mehr fällt es einem auf. Solche Sachen kann ich durchaus verzeihen, viele Anime greifen auf Plot Convenience zurück (ein beliebtes Trope ist z.B. wenn Hauptcharakter zufälligerweise mit seiner Kindheitsfreundin in eine Klasse kommt, nachdem sie Jahre getrennt waren) – nicht aber in diesem Ausmaß, indem einfach alles zu Gunsten von überflüssiger Dramatik gebogen wird, wie man es eben mal braucht.
Erfrischend war für mich dann Sword Art Online: Alternative. Die Abwesenheit von fast allem, was man in SAO kannte und der großteilige Verzicht auf enormes Drama (wenn man ein Auge zudrückt), hat der Serie gut getan. Einfach nur gute Action, in guter Qualität, mit einem guten OST und einer weitgehend glaubwürdigen Rahmenhandlung.
Wer SAO mag, liebt oder es für das Beste seit der Erfindung des Brots hält: Ist alles okay. Ich möchte niemand auf die Füße treten oder meinen Geschmack überordnen. Ich kann einem Anime, der sich selbst ernst nimmt, aber nur bis zu einem gewissen Punkt einen Freifahrtschein geben und der wurde bei mir mit dem Fairy Dance-Arc so massiv überschritten, dass ich den Anime irgendwie nur noch aus einer Art Masochismus verfolge. Da tropft einfach aus jeder Pore, dass die Vorlage eben ein Fantasy-Novel mit Harem-Elementen ist, der einem jeden männlichen Leser die Chance für einen allseits beliebten Self-Insert liefern will.