Was haltet ihr vom Ehrenamt?

Hanniball

Eheuser
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Na ja... hab schon so lange keinen Thread mehr eröffnet, dass mir kein besserer Titel eingefallen ist, als diese rhetorische Frage.
Ich hoffe niemand schreibt hier: "Finde ich kagge." =)

Ich habe gerade diese Studie zum Ehrenamt in Deutschland gelesen.
Teils interessant, teilweise aber auch nicht besonders "neu". (https://www.ing-diba.de/imperia/md/content/www/ueber_uns/content/ehrenamtsstudie.pdf?mid=56)

Demnach sind die Deutschen ein recht engagiertes Völkchen.
Ich würde gern wissen, ob ihr engagiert seid, was ihr davon haltet, wenn Menschen sich freiwillig engagieren und ob ihr jemanden kennt, den ihr aufgrund seines Engagements besonders bewundert.

Ich selbst bin jetzt seit über einem Jahr freiwillig tätig, in einem Verein der Jugendengagement fördert. Wir sind selbst alle jugendlich (unter 25 Jahre) und vergeben zum Teil Förderungen von bis zu 400 Euro, beraten die Jugendlichen aber auch bei der Projektumsetzung.
Da wir nur zu dritt sind, gibt es keine richtige Aufgabenteilung, aber zumindest muss ich mich nicht um Stiftungsanträge kümmern oder Abrechnungen schreiben. Bei Zahlen werd ich immer ganz schnell ganz dumm im Kopf. ^^

Die Arbeit im Verein ist ziemlich intensiv. Ende des letzten Jahres haben wir einen ganzen Tag Klausur gehabt und das Jahr Revue passieren lassen. Das war meine zweite "Tagung" dieser Art und ich bin wieder überrascht gewesen, mit wie wenig Mitteln man eine gewisse Professionalität aufrecht erhalten kann.

Manchmal find ich's ziemlich hart, anderen Leuten klar zu machen aus welchem Grund ich überhaupt freiwillig 10 - 15 Stunden in der Woche "auf den Kopf haue". Vor allem meine Eltern wollen's nicht so recht verstehen. Ich glaube sie würden es lieber sehen, wenn ich in der Zeit Geld verdienen würde.
Aber immerhin bin ich durch die Kontakte aus der Vereinsarbeit an meinen ersten, bezahlten Moderationsjob heran gekommen. War für mich schon so ein kleines Highlight im letzten Jahr. ^^

Also... wie sieht's mit euch aus?
 

Redwolf

Folge der 8 bei den Palmen!
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Deutschland hat ein ziemlich breit gefechertes Vereinswesen. Hier gibt es für fast alles einen Verein. Viele davon sind ehrenamtlich geführt und werden als gemeinnützig anerkannt und bekommen dadurch Förderungen.
Das ist wohl einer der Hauptgründe, warum es hier so viel ehenamtliches Engagement gibt. Das Vereinswesen hat es also geschafft ehrenamtliche Tätigkeiten zu institutionalisieren.
Wer sollte schon etwas gegen ehrenamtliche Tätikeiten haben?! Da gibt es eigentlich nichts gegen einzuwenden, außer wenn sie als Netzwerk für Lobbyisten dienen und zu stark mit der Politik verzahnt sind wie z.B. WhiteIT, die deutsche Kinderhilfe oder Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden.
Von diesen Ausnahmen und Nestbeschmutzern aber mal abgesehen, sind ehrenamtliche Tätigkeiten aber integere, ehrbare Arbeit und sehr lobenswert.
Ich habe bis jetzt noch keine ehrenamtliche Arbeit getätigt.
Darf man fragen, was du da so 10-15 Stunden die Woche machst? Ich meine jetzt außer Anträge bearbeiten und Geld verteilen. Wozu dienen diese Anträge/wozu dienen sie nicht? Und was für Projekte werden gefördert?
 
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Hanniball

Hanniball

Eheuser
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Oh, das ist wirklich ganz unterschiedlich.
Also vier Stunden gehen schon mal für das wöchtentliche Treffen drauf. Das Treffen muss vorbereitet werden, noch ne halbe Stunde. Dann müssen Mails gelesen und beantwortet werden: 3 Stunden. Telfonate nehmen ungefähr eine Stunde ein. Oft planen wir noch Eventes für die Jugendlichen und unsere Partner: 2 Stunden. Homepagepflege und Öffentlichkeitsarbeit (u.a. facebook) sind ca. eine Stunde.

Ist jetzt sehr hoch gefasst, aber es gibt durchaus Zeiten, wo alles auf einmal ansteht. Hinzu kommen natürlich noch Fahrzeiten, Wartezeiten, gelegentlich Netzwerktreffen unserer Träger, und, und, und...
Im Sommer ist immer Hochsaison (Mai bis August), weil in der letzten Sommerferienwoche immer unser PULS-Sommercamp stattfindet und das ganze einfach ein riesieger Organisationsaufwand ist. Zum Glück sind wir da nicht zu dritt, sondern haben fast zu viele freiwillige Helfer. ^^
Wären wir mehr, dann würden wir sicher noch einige andere eigene Projekte auf die Beine stellen. ^^

Die Projekte die zu uns kommen sind auch sehr unterschiedlich. Wir sind eine sehr niedrigschwellige Anlaufstelle und auch kleine Projekte bekommen bei uns ohne viel Aufwand eine Förderung.
Vorraussetzungen sind, dass die Projekte "Jugendlich" sind, also von Jugendlichen von 14 bis 25 Jahren gemacht werden, dass sie rechtskonform sind UND dass sie gemeinnützig sind, also der Allgemeinheit dienen.
Das sind die Vorgaben, die unser "Trägerverein" - Youth Bank Deutschland e.V. - bei seiner Gründung festgelegt hat. Jede kleinere Youthbank sollte sich allerdings je nach vorhandenen Fördergeldern eine kleines Profil zulegen, damit man besser entscheiden kann wen man fördert und wen nicht. WIR wünschen uns unsere Projekte lokal, das heißt möglichst im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf verwurzelt. ^^


Ha... jetzt weiß ich auch, warum ich in letzter Zeit keine längeren Beiträge mehr zustande gekriegt habe. :p
 

Bat242

Mächtiger Krieger
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Ich arbeite bei der Johanniter Unfall-Hilfe. Der Verein basiert quasi auf dem Ehrenamt, und ich finde es immer wieder seltsam wie viele Leute sich für das Ehrenamt dort aufopfern. Seien es Sanitätsdienste, Jugendveranstaltungen, Veranstaltungen der Stadt, Katastrophenschutz, etc. etc.

Nun wie gesagt arbeite ich dort und kriege für das was ich tue Geld. Ich würde auch sofort Sanitätsdienste machen und sonstiges. Wenn es bezahlt werden würde. Ich finde es toll das die Leute das machen und will ihnen das auch nicht ausreden. Aber für mich ist das nichts. Aber die Leute machen das auch als Hobby, die gehen nebenher nicht noch Fussball spielen, deren gesamte Freizeit besteht fast nur aus Ehrenamt.

Also Fazit: Ich finds gut das so viele Leute sich so sehr engagieren. Für mich isses nix :D
 

MicalLex

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Also ich bin auch schon seit vielen Jahren ehrenamtlich tätig, zugegeben, im letzten Jahr allerdings recht wenig. Insgesamt hatte ich auch nie solchen Aufwand, wie Hanni ihn beschreibt, da ich in der Regel wirklich nur einmal wöchentlich für ne Stunde tätig war. Mehrzeiten waren da eher unregelmäßiger Natur.

Aber das ist ja auch das Gute am Ehrenamt, man kann sich die Zeit so einteilen, wie man möchte und kann. Es gibt ja mehr als eine Möglichkeit da tätig zu werden, und sei es einmal im Jahr zu Weihnachten Suppe verteilen oder so. ;) Ich finde, da spielt die Motivation auch keine so übergeordnete Rolle. Wenn man es nur wegen des Lebenslaufs macht, solls mir recht sein, wenn man sich denn irgendwie engagiert. Nächstenliebe, Selbstverwirklichung, soziale Anerkennung, ist doch völlig ok, wenn man auch etwas aus seiner Arbeit herausbekommt. Geht ja auch irgendwie darum, daß es allen besser geht.
Und wer damit nicht anfangen kann, muß ja auch nicht. Bringt ja auch keinem was. ;)

Folgerichtig sag ich also, daß ich das Ehrenamt für eine gute Sache halte, die auch gefördert werden sollte. Ich denke zumindest, daß es die Sozialisation voranbringt, wenn man sich auch mal für andere einsetzt, ohne gleich dafür bezahlt zu werden.
 

Doresh

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Na ja, hier bei uns in der Gegend würd ich mich nicht unbedingt ehrenamtlich beteiligen. Wenn man hier nicht in einem Verein tätig ist, wird man eher als komplett kostenloser Handlanger verstanden, der sich glücklich schätzen kann, wenn ihm Materialkosten erstattet werden...
 

MicalLex

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Ehrenamt läuft doch meistens über einen Verein bzw. eine Einrichtung.
Wirklich "freies" Ehrenamt habe ich noch nicht erlebt. Das geht ja dann eher in Richtung private Spende/Dienstleistung.
 

Doresh

Forenpuschel
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Ist schon klar, aber wenn besagter Verein zu kleinst ist und/oder nicht genug Vitamin B hat, wird er bei uns schonmal ausgenutzt :nerv:
 
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