clodia schrieb:
ich kann absolut nicht verstehen, wie man auf etwas stolz sein kann, zu dem man nichts beigetragen hat, was unter umständen sogar vor seiner zeit geschah.
Das ist irgendwie auch mein Problem. Vielleicht habe ich aber auch einfach Probleme solche Dinge nachzuvollziehen, ich war auch ziemlich verunsichert, als ich überhaupt nicht verstanden habe, was dieser Gedanke der Nationalität sollte, als wir das in Geschichte durchgenommen haben (Vormärz und so).
Da kamen dann so Gründe, dass man sich zusammengehörig fühle, weil man die gleiche Sprache ist, die gleiche Geschichte hat und so.
Das konnte ich einfach nicht verstehen, kann es eigentlich immer noch nicht so recht.
Ich spreche Deutsch, Englisch, hatte Lateinunterricht, habe Russischunterricht, werde in Altgriechisch unterrichtet und habe schon ein wenig Zeit investiert, um mir Japanisch beizubringen.
Wenn ich diese Sprachen also alle sprechen würde, könnte ich mich mit allen anderen zusammenrotten, die sie auch sprechen und mich denen zugehörig fühlen?
Und die gleiche Geschichte... Ich war beim Mauerfall nicht dabei, wart ihr es? Fühlt ihr euch deshalb allen anderen zugehörig, die da neben euch standen?
Oder fühlt ihr euch zusammengehörig, weil eure Urururururururopas sich vielleicht gekannt haben könnten?
Redwolf schrieb:
Die Gründe für "Nationalstolz" sind vielschichtig. 1. Identität, 2. Zugehörigkeitsgefühlt, 3. Widerstand gegen den Zeitgeist, 3. Widerstand gegen Meinungsmache gegen Nationalismus, 4. Abgrenzung, 3. Bruch mit scheinbaren Doktrinen, 3. Nicht mit der Masse schwimmen zu wollen, 5. ein Hang zur deutschen Geschichte und Reflektierung dieser in Stolz.
Ich war mal so frei zu nummerieren:
1. Ist die Identität wirklich vom Staat abhängig? Ist es nicht viel mehr der allgemeine Lebensraum, in dem man aufgewachsen ist, unabhängig von Staat und Regierung, sondern einzig und allein von den Personen im Umfeld und den Möglichkeiten, die einem durch die Umstände der Familie und das Staats- und Rechtssystem geboten werden? Ist der Staat dabei nicht komplett austauschbar?
2. Habe ich ja wie oben geschrieben nicht verstanden. Ich fühle mich einem Kerl, den ich in Deutschland auf der Straße sehe nicht weniger zugehörig als jemandem, den ich in Norwegen auf der Straße sehe.
3. Also pubertäre Rebellion?
4. Den Punkt verstehe ich nicht. Entweder auch pubertäre Rebellion oder das Bedürfnis sich über anderen Menschen profilieren zu müssen, weil man irgendjemanden braucht, auf den man herabsehen kann.
Wenn es zweiteres wäre, könnte ich es akzeptieren. Natürliches Bedürfnis eines Menschen.
5. Einen Hang zur Geschichte kann ich nachvollziehen, Reflektierung dieser in Stolz eher weniger.
"Ich bin stolz darauf, was andere Menschen, die ich nicht einmal kannte geleistet haben."
Aber das kam ja schonmal.
So, jetzt noch zum Geschichtsunterricht und wir haben den längsten Post, den ich je verfasst habe:
NATÜRLICH konzentriert sich der Geschichtsunterricht auf die wichtigsten Zeitgeschehnisse und die Teile, die das eigene Land selbst betreffen.
Es gehört nunmal zum Allgemeinwissen, wenigstens die Geschichte des eigenen Landes zu kennen.
Der Geschichtsunterricht in der Schule bietet einfach viel zu wenig Zeit wirklich das alles durchzunehmen, was wichtig wäre, selbst im Geschichtsstudium beschäftigt man sich nur mit einem Teilaspekt der Geschichte.
EIGENTLICH müsste man im Geschichtsunterricht anfangen mit lustigen Geschichten vor dem homo sapiens, dann zu diesem übergehen und mit den ersten Überlieferungen arbeiten. Auf aller Welt, gleichzeitig.
Dann müssten die ersten Zivilisationen behandelt werden, ihre politischen Vorstellungen, ihre Moralvorstellungen, in dem Kontext auch ihre Religion, dazu ihre Schrift/Sprache und dann die historischen Ereignisse, wenn denn nachweisbar.
Auf ähnliche Weise müsste dann für jede einzelne Epoche ähnliches machen und auch darauf hinweisen inwieweit das im Kontext zu den bisherigen Staaten verlaufen ist. Gemeinsamkeiten/Unterschiede, Vorbilder in Staatsideen von xy, etc. Besonders schlimm wird es dann, wenn man z.B. in die griechische und römische Antike kommt. Dann geht mit den politischen und moralischen Vorstellungen natürlich auch einher, dass man sich mit den Philosophen beschäftigen muss. Dabei reichen natürlich auch nicht nur die, deren Ansichten größtenteils geteilt wurden, die anderen Positionen müssen natürlich auch dargestellt und untersucht werden.
Und versucht mal mit einem Sechstklässler die Politeia zu lesen :nerv:
(Wow, jetzt hab ich echt keine Lust mehr zu schreiben.)